Stenografischer Bericht: 114. Sitzung - Deutscher Bundestag
Stenografischer Bericht: 114. Sitzung - Deutscher Bundestag
Stenografischer Bericht: 114. Sitzung - Deutscher Bundestag
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
10438 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 15. Wahlperiode – <strong>114.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004<br />
(A) Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:<br />
an. Er wird heute dem Parlament zur Beschlussfassung (C)<br />
Nächster Redner ist der Kollege Dirk Fischer, CDU/ empfohlen.<br />
CSU-Fraktion.<br />
(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Guter Aus-<br />
(Beifall bei der CDU/CSU)<br />
schuss!)<br />
Der viel zu eng gefasste Auftrag an Morgan Stanley<br />
Dirk Fischer (Hamburg) (CDU/CSU):<br />
vom Oktober 2003, nur den Börsengang der DB AG mit<br />
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! integriertem Netz zu begutachten, entspricht nicht den<br />
Du kannst nicht anders mit der Bahn fahren, als die Ansprüchen des Parlaments an eine sachgerechte Ent-<br />
Schienen gelegt sind; so Wilhelm Voigt, der Hauptmann scheidungsvorbereitung.<br />
von Köpenick.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)<br />
(Siegfried Scheffler [SPD]: Danke schön!)<br />
Liebe Kolleginnen und Kollegen, trotz interfraktio-<br />
Zur Vollendung der Bahnreform bedarf es aus unserer<br />
Sicht jetzt der richtigen Weichenstellung. Der gewünschte<br />
Börsengang der DB AG – dieses Ziel eint uns,<br />
glaube ich, alle – darf nicht unter einen falschen Zeitdruck<br />
gesetzt werden.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)<br />
neller Beschlussempfehlung, die natürlich dem Hause<br />
bekannt war – die Ausschreibung für ein Monitoringverfahren<br />
auf der Basis dieses unter einseitigen Vorgaben<br />
entstandenen Morgan-Stanley-Gutachtens ist aus unserer<br />
Sicht in diesem Zusammenhang völlig unverständlich.<br />
Die Beratung, die gestern im Ausschuss mit Minister<br />
Stolpe stattgefunden hat, lässt aber hoffen, dass jetzt eine<br />
Es muss sehr wohl überlegt werden, unter welchen<br />
strukturellen, verkehrspolitischen und ökonomischen<br />
Rahmenbedingungen er erfolgen soll. Wer das anders<br />
machen will, läuft Gefahr, die Bahnreform gegen die<br />
Wand und die DB AG in die Pleite zu fahren.<br />
ergebnisoffene Prüfung und eine zwischen Bundesregierung<br />
und Parlament abgestimmte Entscheidung für ein<br />
Privatisierungsgesetz vorbereitet werden. Immerhin:<br />
Minister Dr. Stolpe hat uns gestern – dafür sind wir<br />
dankbar – den Schulterschluss versprochen.<br />
(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Oder auf<br />
das Abstellgleis!)<br />
(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Jawohl, der Zug<br />
ist auf dem richtigen Gleis! – Horst Friedrich<br />
[Bayreuth] [FDP]: Hoffentlich weiß er das<br />
Wir erwarten von der Bundesregierung, dass die Ziele heute noch!)<br />
(B)<br />
der Bahnreform beibehalten werden, nämlich mehr<br />
Verkehr auf die Schiene zu bringen und eine geringere<br />
Belastung des Steuerzahlers und des Haushalts zu erreichen.<br />
Deswegen ist vor einer Teilprivatisierung der<br />
DB AG eine mehrjährige positive Gewinnentwicklung<br />
des Gesamtkonzerns, und zwar aus gewöhnlicher<br />
Geschäftstätigkeit, erforderlich.<br />
Sehr bemerkenswert aber und für das Parlament insgesamt<br />
bedenkenswert ist das Gutachterergebnis, dass<br />
sich ein vollständig privatisierter Bahnkonzern nur dann<br />
auf dem Kapitalmarkt behaupten könne, wenn die<br />
DB AG nach ihrem Börsengang mit Netz über Jahre erhebliche<br />
Bundesmittel erhielte. Bundesregierung und<br />
<strong>Bundestag</strong> müssen sich der Tragweite eines solchen Fa-<br />
(D)<br />
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) zits des Gutachtens bewusst werden: Die Bahn wäre er-<br />
Ein Börsengang gestützt auf Haushaltsfinanzierung,<br />
Auflösung von Rückstellungen und die Verschiebung<br />
dringend notwendiger Investitionen ist nicht tragfähig.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)<br />
folgsunabhängig subventioniert und gegen Wettbewerb<br />
abgeschirmt – das wäre eine Abkehr von den Zielen der<br />
Bahnreform.<br />
Frau Kollegin Mertens, Sie haben eben von der Sicherung<br />
des Wettbewerbs auf der Schiene gesprochen. Das<br />
Das Parlament erwartet die Einbeziehung externen<br />
Sachverstands bei der Wahl des Privatisierungsmodells.<br />
Der Gutachtenauftrag, der jetzt ausgeschrieben wird,<br />
muss ergebnisoffen sein und alle denkbaren Varianten<br />
unter betriebswirtschaftlichen, verkehrspolitischen und<br />
volkswirtschaftlichen Aspekten umfassen.<br />
(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Sehr wahr!)<br />
finde ich angesichts des Anteils eines Unternehmens<br />
– der DB AG – am Schienenverkehrsmarkt eine hochinteressante<br />
Aussage, denn im Personenfernverkehr hat<br />
sie einen Marktanteil von 99,5 Prozent, im Personennahverkehr<br />
einen Marktanteil von 96 Prozent – ohne Regionalisierungsmittel<br />
und das Prinzip des Bestellens durch<br />
die Länder wären es wahrscheinlich auch 99,5 Prozent –<br />
und im Güterverkehr einen Marktanteil von 95,5 Pro-<br />
Wesentlich ist, inwieweit diese Varianten den Zielen der<br />
Bahnreform, aber auch der Infrastrukturverantwortung<br />
des Bundes, wie sie sich aus Art. 87 e des Grundgesetzes<br />
ergibt, gerecht werden.<br />
zent. Die angeblich nahezu 200 oder 250 Bahnen, die<br />
sich „auf dem Netz tummeln“, wie immer gesagt wird,<br />
haben die restlichen Marktanteile; da muss man echt die<br />
Lupe nehmen, um deren Marktanteile noch mit bloßem<br />
Auge erkennen zu können.<br />
Erfreulich ist, dass diese Überzeugung von allen<br />
Fraktionen geteilt wird und die Zustimmung zahlreicher<br />
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)<br />
Verbände und der Öffentlichkeit genießt. Der im Ver- Nein, es geht darum, Wettbewerb herzustellen, zu erkehrsausschuss<br />
am 5. Mai 2004 gemeinsam verabschiemöglichen, durchzusetzen, damit wir in den Schienendete<br />
Entschließungsantrag knüpft an den breiten parlaverkehrsmarkt Dynamik bekommen, wie wir sie auch<br />
mentarischen Konsens zur Bahnreform des Jahres 1993 auf der Straße haben, wo der LKW-Verkehr der DB AG