Stenografischer Bericht: 114. Sitzung - Deutscher Bundestag
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Ulrike Höfken<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 15. Wahlperiode – <strong>114.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 10333<br />
(A) der Todesfälle. Mehr Menschen – das ist tragisch – lei- Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): (C)<br />
den inzwischen an Übergewichtigkeit als an Hunger. Wir<br />
sehen Handlungsbedarf bei beiden Feldern.<br />
Bitte.<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN –<br />
Hans-Michael Goldmann [FDP]: Unverschämt!)<br />
Das ist übrigens nicht nur weltweit ein Problem. Die<br />
Situation in Deutschland und in Europa ist genauso alarmierend.<br />
Hier besteht Handlungsbedarf. Wir werden<br />
FDP, CDU und CSU dabei weiter in die Pflicht nehmen.<br />
Wir werden nämlich nicht zulassen, dass die Verbraucher<br />
und die verzweifelten Eltern mit diesen Problemen<br />
allein gelassen werden. Eigenverantwortung ist ein<br />
großes Thema der Grünen und auch der Bundesregierung,<br />
genauso wie Aufklärung, genauso wie Information.<br />
Wir brauchen aber dort, wo diese Probleme nicht<br />
Hans-Michael Goldmann (FDP):<br />
Durchaus geschätzte Kollegin Höfken, sind Sie bereit,<br />
zur Kenntnis zu nehmen, dass diese Firma, die Sie<br />
jetzt schon einige Male als Krepierverursacher und als<br />
denjenigen genannt haben, der irgendetwas in die<br />
Klauen nimmt, in besonderem Maße Sponsor von Jugendveranstaltungen,<br />
von Jugendsport und auch von Erwachsenensport<br />
ist und zum Beispiel im Rahmen der<br />
Fußballeuropameisterschaft in Portugal besonderen Verpflichtungen<br />
nachkommt?<br />
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE<br />
GRÜNEN]: Was hat das mit Ernährung zu<br />
tun?)<br />
mehr durch Selbstverantwortung gelöst werden können,<br />
Schutz und politische Steuerung. Übrigens ist die Initiative<br />
der Bundesministerin – auch das muss man ganz<br />
klar sagen – eine Initiative, die vor allem auf Eigenverantwortung<br />
zielt.<br />
– Haben Sie das verstanden? Soll ich das noch einmal<br />
wiederholen?<br />
(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/<br />
DIE GRÜNEN)<br />
(B)<br />
Wir werden aber nicht zulassen, dass sich Bacardi<br />
und Co mit den Alcopops weiter auf die Zielgruppe der<br />
Kinder und Jugendlichen orientieren. Wir werden auch<br />
nicht zulassen, dass weiter Werbefeldzüge für unsinnige<br />
Diäten die Jugendlichen in die Magersucht treiben. Wir<br />
werden auch nicht dulden, dass Fehlernährung weiter<br />
durch Fehlinformationen unterstützt wird.<br />
(Abg. Ulrike Höfken hält ein „Qoo“-Tetrapack<br />
hoch)<br />
Ich habe – das mache ich jetzt zum zweiten Mal – dieses<br />
Produkt „Qoo“ der Firma Coca-Cola mitgebracht.<br />
Ich habe diese Firma nicht besonders auf dem Kieker,<br />
das ist nur ein gutes schlechtes Beispiel. Es kostet übrigens<br />
etwa 10 Euro pro Liter. Auf der Packung steht:<br />
Ich werde noch ein anderes Beispiel nennen. Wenn<br />
ich aus dem Wedding zur Arbeit fahre, komme ich an einem<br />
großen Sportgelände vorbei, wo sich ganz besonders<br />
Coca-Cola gerade für junge Menschen engagiert,<br />
die sonst wenig Chancen in unserer Gesellschaft haben.<br />
Halten Sie es vor diesem Hintergrund nicht schlicht und<br />
ergreifend für unfair, dass Sie dieses Unternehmen, ohne<br />
dass es eine Chance hat, sich zu wehren, hier wegen seiner<br />
Produkte an den Pranger stellen,<br />
(Widerspruch bei der SPD und dem BÜND-<br />
NIS 90/DIE GRÜNEN)<br />
die im Grunde genommen keineswegs so negativ einzustufen<br />
sind, wie Sie das hier getan haben? Ist das nicht<br />
unfair?<br />
(D)<br />
„Der gesunde Trinkspaß“. Das ist eine ganz klare Fehlinformation.<br />
Die Stiftung Warentest sagt: Es ist für Kinder<br />
nicht geeignet. Darum sehen wir an solchen Punkten<br />
Handlungsbedarf.<br />
Ich frage auch den Herrn Präsidenten: Ist es zulässig,<br />
dass man hier einen der größten Arbeitgeber in Deutschland<br />
in dieser Form in den Dreck zieht?<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />
Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):<br />
sowie bei Abgeordneten der SPD)<br />
Sie haben jetzt Ihre Interessensverteidigung deutlich<br />
Dass die Milch übrigens 23 Cent pro Liter kostet und<br />
molkehaltige Functional-food-Produkte 4 Euro pro Liter<br />
kosten, auch das werden wir weiter versuchen zu verän-<br />
genug gemacht.<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />
sowie bei Abgeordneten der SPD)<br />
dern.<br />
Ich denke, Freikaufen nein, Mitverantwortung und<br />
Wir sagen Ihnen: Schieben Sie die politische Verant- Selbstverpflichtung ja. Das ist der Weg, den wir bewortung<br />
nicht weiter von sich. Wir wollen hier weiter schreiten wollen.<br />
gemeinsam vorangehen. Wir lassen insbesondere der<br />
FDP nicht weiter durchgehen, dass sie kein Verbraucherinformationsgesetz,<br />
das diesen Titel wirklich tragen<br />
kann, keine Unterstützung für die Haushaltsmittel für<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />
und bei der SPD)<br />
Damit habe ich Ihre Frage beantwortet.<br />
Verbraucheraufklärung, keine EU-weiten Verbote für<br />
solch irreführenden Werbungen und keine Beschränkung<br />
für Alcopops will. Sie wollen am liebsten nichts tun.<br />
Sie selbst haben in Ihrem Antrag die Instrumente der<br />
WHO-Strategie herausgestellt. Dann lassen Sie uns<br />
doch einmal sehen, was diese WHO-Strategie eigentlich<br />
bedeutet. Denn diese Instrumente, die Sie fordern, leh-<br />
Präsident Wolfgang Thierse:<br />
nen Sie gleichzeitig alle ab: zum Beispiel in Schweden<br />
Kollegin Höfken, gestatten Sie eine Zwischenfrage ein Werbeverbot, das sich auf Kinder unter zwölf Jahren<br />
des Kollegen Goldmann?<br />
richtet, zum Beispiel eine Fettsteuer in Großbritannien,