Stenografischer Bericht: 114. Sitzung - Deutscher Bundestag
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10440 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 15. Wahlperiode – <strong>114.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004<br />
Albert Schmidt (Ingolstadt)<br />
(A) modelle – zumindest des so genannten Vertrags- und des (Eduard Oswald [CDU/CSU]: So ist es! Sehr (C)<br />
Eigentumsmodells – unter Einbeziehung externen Sach-<br />
wahr! Vertreter des Volkes!)<br />
verstandes umfassend und ergebnisoffen zu prüfen sind.<br />
Das heißt, wir wollen eben nicht, dass uns im Parlament<br />
eine Vorfestlegung auf ein bestimmtes Modell – und sei<br />
Das werden wir nach den Maßgaben unserer Analysen,<br />
Bewertungen und gemeinsamen Erkenntnisse tun.<br />
es das eines integrierten Börsenganges – nach der<br />
Methode vorgelegt wird: Vogel friss oder stirb.<br />
(Beifall im ganzen Hause)<br />
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie<br />
des Abg. Horst Friedrich [Bayreuth]<br />
[FDP])<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />
und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der<br />
CDU/CSU)<br />
Ich sage das sehr pointiert auch an die Adresse der<br />
Gewerkschaften und ihrer Vertreter im Aufsichtsrat:<br />
Eine Tendenz zum Schrumpfnetz heißt auch eine Tendenz<br />
zu weniger Arbeitsplätzen. Das muss klar sein.<br />
Darüber hilft auch ein Beschäftigungspakt nicht hinweg;<br />
denn auch der ist irgendwann zu Ende. Das Netz aber<br />
würde weiter schrumpfen.<br />
Die Botschaft unseres gemeinsamen Beschlusses lautet<br />
nicht, dass wir gegen Privatisierung sind. Wir sind<br />
sehr wohl für die Beteiligung privaten Kapitals am<br />
Schienenmarkt und auch an dem Konzern Deutsche<br />
Bahn AG. Aber die Privatisierung muss richtig ablaufen.<br />
Wir sind von dem Zeitplan, wie er uns jetzt von mancher<br />
Seite nahe gebracht wird, ebenso wenig überzeugt wie<br />
von dem Modell, das uns jetzt als die allein selig machende<br />
Wahrheit alternativlos dargestellt wird. So funktioniert<br />
es nicht.<br />
Der Deutsche <strong>Bundestag</strong> ist selbstbewusst genug,<br />
heute deutlich zu machen: Wir wollen nicht nur mitreden,<br />
sondern wir sind an dieser Stelle die Vertreter des<br />
Eigentümers und wir haben es zu entscheiden.<br />
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:<br />
Ich erteile das Wort dem Kollegen Horst Friedrich,<br />
FDP-Fraktion.<br />
Wir wollen, dass hier ganz nüchtern und sachlich analysiert<br />
wird. Es soll insbesondere das Modell ergebnis- Horst Friedrich (Bayreuth) (FDP):<br />
offen analysiert, geprüft und bewertet werden, das den Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!<br />
Behalt der Infrastruktur, also des Eigentums am Netz in Sehr verehrte Frau Staatssekretärin! Das letzte Wort<br />
der öffentlichen Hand, zur Grundlage hat.<br />
kann ich aufgreifen, lieber Kollege Schmidt: Wir müssen<br />
(Beifall des Abg. Georg Brunnhuber [CDU/<br />
CSU])<br />
deutlich machen, dass wir alle, die wir hier sitzen, für die<br />
Privatisierung und für die Vollendung der von uns angelegten<br />
Bahnreform sind. Es wird immer so getan, als ob<br />
Warum ist uns das so wichtig? Das hat ja keine ideologischen<br />
Gründe und das hat auch nichts damit zu tun,<br />
dass wir ein Generalmisstrauen gegen alles und jedes<br />
hätten oder etwa gegen die Privatisierung per se wären.<br />
jemand, der die Art und Weise, wie die Bahn an die<br />
Börse gehen soll, gegen Privatisierung sei. Das ist nicht<br />
der Fall. Wogegen wir uns wehren, ist eine Privatisierung<br />
im Schweinsgalopp.<br />
Der Hauptgrund ist einfach, dass uns die Sorge eint;<br />
denn wenn man die Infrastruktur und das Streckennetz<br />
(Beifall bei der FDP)<br />
– und sei es nur zu Anteilen – in die Hand eines privaten Sehr verehrte Frau Staatssekretärin, gerade die Bun-<br />
Shareholders gibt, dann liegt es in der Logik der Sache, desregierung sollte nach den Erfahrungen mit dem Ver-<br />
dass dadurch ein brutaler Renditedruck auf diesen Schiefahren bei der Maut aufpassen, dass ihr bei diesem sehr<br />
nenstrecken lastet, was bei der Straße nicht der Fall ist. viel schwerwiegenderen Privatisierungsvorgang, bei<br />
Die Einführung quasi einer neuen Chancenungleichheit dem die Konsequenzen sehr viel teurer werden und in<br />
(B)<br />
auf dem Verkehrsmarkt würde bedeuten, dass der Druck<br />
entstehen würde, in der Tendenz zu einem Schrumpf-<br />
weiten Bereichen nicht mehr zu reparieren sind, nicht<br />
das Gleiche passiert. Ich habe – zusammen mit der gan- (D)<br />
netz zu kommen, nämlich zur Abstoßung und Stilllezen FDP-Fraktion – Sorge, dass die Fortführung und<br />
gung der Teile des Netzes, die nicht rentabel sind. Das ist Verfeinerung des Morgan-Stanley-Gutachtens entgegen<br />
genau das, was wir nicht wollen.<br />
den Beteuerungen im europäischen Ausschreibungsverfahren<br />
bereits veröffentlicht ist.<br />
Was bedeutet das? Wenn ein privater Eigentümer einmal<br />
am Schienennetz der Bahn beteiligt ist, kann die<br />
Trennung von Netz und Betrieb wahrscheinlich nicht<br />
mehr beschlossen werden. Diese Festlegung gilt es zu<br />
verhindern. Das müsste für Sie die Richtschnur sein. Ansonsten<br />
passiert das, was wir alle nicht wollen: Der Börsengang<br />
eines integrierten Unternehmens bedeutet eine<br />
verkleinerte, hoch subventionierte und gegen Wettbewerb<br />
auf Dauer abgeschirmte Bahn und damit ganz bewusst<br />
– das möchte ich deutlich sagen – den Abschied<br />
von den Zielen unserer gemeinsam eingeleiteten Bahnreform.<br />
(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Eduard<br />
Lintner [CDU/CSU])<br />
Darüber hinaus muss man eines feststellen: Sowohl in<br />
der Kurz- wie auch in der Langfassung des Gutachtens<br />
sind die Zahlen, die Morgan Stanley feststellt, eine<br />
schallende Ohrfeige für das Management der Bahn.<br />
(Beifall bei der FDP)<br />
Die Bahn ist eben in allen Punkten nicht börsenfähig.<br />
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten<br />
der CDU/CSU)