Stenografischer Bericht: 114. Sitzung - Deutscher Bundestag
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Vera Dominke<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 15. Wahlperiode – <strong>114.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 10383<br />
(A) Einzelfalls ausgerichtete Debatte und Entscheidungsfin- Es ist so, dass Öffentlichkeitsarbeit von jeder Bundes- (C)<br />
dung. Möge das so bleiben.<br />
regierung betrieben wird. Öffentlichkeitsarbeit ergibt<br />
Vielen Dank.<br />
sich schon aus dem Grundgesetz, abgeleitet aus Art. 5<br />
bzw. 20: Eine jede Bundesregierung ist dazu verpflich-<br />
(Beifall im ganzen Hause)<br />
tet, die Bürger zu informieren und vor allen Dingen<br />
aufzuklären. Unsere Verfassung und auch das Bundes-<br />
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:<br />
Ich schließe die Aussprache.<br />
verfassungsgericht gehen aber davon aus, dass Öffentlichkeitsarbeit<br />
die politische Regierungsarbeit begleiten<br />
soll und nicht umgekehrt.<br />
Nun rufe ich den Tagesordnungspunkt 6 sowie<br />
Zusatzpunkt 9 auf:<br />
Was brachte unsere Große Anfrage ans Licht, deren<br />
Beratung heute auf der Tagesordnung steht? Was wollen<br />
6 Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten<br />
Dietrich Austermann, Steffen Kampeter,<br />
Bernhard Kaster, weiterer Abgeordneter und der<br />
Fraktion der CDU/CSU<br />
wir mit unserem Antrag? Hat es nicht zu allen Zeiten<br />
Kritik an der Darstellung der Regierung gegeben, und<br />
zwar bei jeder Bundesregierung? Sind wir vielleicht<br />
kleinlich? Regen wir uns über missratene Plakate auf,<br />
also Peanuts? Nein, in einer Zeit der Rekordverschul-<br />
Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung dung verprassen Sie Steuergelder für die teuerste PR-Of-<br />
ZP 9<br />
– Drucksachen 15/1960, 15/2912 –<br />
Beratung des Antrags der Abgeordneten Dietrich<br />
Austermann, Steffen Kampeter, Bernhard Kaster,<br />
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der<br />
fensive in der Geschichte der Bundesrepublik.<br />
(Albrecht Feibel [CDU/CSU]: Ein Skandal!)<br />
Das ist so. Auf die Zahlen werde ich noch zu sprechen<br />
kommen.<br />
CDU/CSU<br />
Das heutige Ausmaß der Öffentlichkeitsarbeit ist laut<br />
Ausweitung der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung<br />
in Zeiten knapper Kassen<br />
Bundesrechnungshof mit dem der Vorgängerregierungen<br />
überhaupt nicht mehr vergleichbar. Die Chancengleichheit<br />
im politischen Wettbewerb von Regierung und Op-<br />
– Drucksache 15/3311 –<br />
position soll durch den gigantischen Einsatz von Steuer-<br />
Überweisungsvorschlag:<br />
Haushaltsausschuss (f)<br />
Rechtsausschuss<br />
geldern verhindert werden. Vor allem aber – ich komme<br />
zum Kern – haben Sie gerade in den letzten zwölf Monaten<br />
die mediale Inszenierung zum Mittelpunkt der<br />
(B)<br />
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und<br />
Landwirtschaft<br />
eigentlichen Politik gemacht.<br />
(D)<br />
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend<br />
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-<br />
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die<br />
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich sehe<br />
neten der FDP – Andreas Scheuer [CDU/<br />
CSU]: Alles nur Verpackung!)<br />
keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.<br />
Vor lauter Panik, Konzept- und Hilflosigkeit jagt eine<br />
Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-<br />
millionenteure Kampagne die andere.<br />
ner dem Kollegen Bernhard Kaster von der CDU/CSU- (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE<br />
Fraktion das Wort.<br />
GRÜNEN]: Wer hat Ihnen denn das aufge-<br />
(Beifall bei der CDU/CSU)<br />
schrieben?)<br />
Sie tragen meistens Namen, die die unerfüllten Sehnsüchte<br />
der Koalition auf den Punkt bringen: „Erfolg<br />
braucht alle“,<br />
(Otto Fricke [FDP]: Jedenfalls die SPD!)<br />
„Teamarbeit für Deutschland“, „Zeit für mehr“,<br />
„Deutschland bewegt sich“. Die Zeit ist zu schade, um<br />
all das aufzuzählen, was sich teure Werbestrategen für<br />
diese Bundesregierung an Ankündigungen ausdenken.<br />
Bernhard Kaster (CDU/CSU):<br />
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!<br />
Ich habe gestern vernommen, dass Herr Regierungssprecher<br />
Dr. Steg sich darüber beschwert hat, dass die Öffentlichkeitsarbeit<br />
der Regierung von uns immer und immer<br />
wieder kritisiert würde.<br />
(Otto Fricke [FDP]: Die Kritik ist ja auch<br />
sachgerecht!)<br />
Ich kann hier einen Vorschlag machen: Das lässt sich<br />
sehr schnell abstellen: Führen Sie die Öffentlichkeitsarbeit<br />
wieder auf das normale Maß zurück. Reagieren Sie<br />
nicht nur auf die Kritik der Opposition, sondern auch auf<br />
die des Bundesrechnungshofes! Halten Sie sich an Vergabe-<br />
und Haushaltsrecht! Dann wird unsere Kritik verstummen.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten<br />
der FDP)<br />
Insgesamt gab es mehr als ein Dutzend Werbekampagnen<br />
allein in den letzten zwölf Monaten. Fragen Sie<br />
einmal Unternehmer in der Privatwirtschaft. Sie alle haben<br />
schon Probleme, Plakatwände zu mieten. Überall hat<br />
die Bundesregierung breitflächig plakatiert. Ich frage:<br />
Was ist das für ein Politikverständnis? Ich will ein Beispiel<br />
von vielen nennen. Auf unsere Anfrage hin musste<br />
die Bundesregierung einräumen, dass die Regierungspropaganda<br />
alleine für die so genannte Agenda 2010<br />
fast 17 Millionen Euro durch Anzeigen oder so genannte<br />
Mega-Light-Plakate verpulvert hat.