Stenografischer Bericht: 114. Sitzung - Deutscher Bundestag
Stenografischer Bericht: 114. Sitzung - Deutscher Bundestag
Stenografischer Bericht: 114. Sitzung - Deutscher Bundestag
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
10382 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 15. Wahlperiode – <strong>114.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004<br />
Andreas Scheuer<br />
(A) machen wir bei der anderen Veranstaltung des Ausschus- im Bereich der Bundesausbildungsförderung. Wenn (C)<br />
ses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.<br />
hier der Petitionsausschuss nur in relativ wenigen Fällen<br />
Im Jahr 2003 haben verschiedene Petitionen das Wohl<br />
unserer Kinder in den Mittelpunkt gerückt: die Petition<br />
zur Behandlungspflege während des Schulbesuchs, die<br />
Einstufung pflegebedürftiger Kinder in der Pflegeversicherung<br />
oder auch die Bewilligung der Kinderheilbehandlung.<br />
Vielfach liegt der Grund für eine Petition in<br />
Abhilfe schaffen konnte, so lag das häufig daran, dass<br />
das Anliegen der Petentinnen und Petenten mit der Intention<br />
des Bundesausbildungsförderungsgesetzes nicht<br />
unbedingt übereinstimmte, das auf die Herstellung und<br />
Sicherung sozialer Chancengleichheit und nicht auf die<br />
Beseitigung genereller Ungerechtigkeiten gerichtet ist.<br />
einem für den Bürger oft nicht mehr zu durchdringenden<br />
oder gar beherrschbaren Regelwerk. Eine Bürokratie, die<br />
mit den besten Absichten geschaffen wurde, hat Ausartungen<br />
entwickelt. Der Souverän, der Bürger, versteht<br />
diese Ausartungen nicht mehr. Oft werden dann Verzweiflung<br />
und – das sei hier auch einmal gesagt – Wut<br />
Da mir nur wenig Zeit verbleibt, möchte ich jetzt an<br />
einem konkreten Beispiel verdeutlichen, welche Möglichkeiten<br />
dieser Ausschuss hat, politisch Änderungen<br />
anzuschieben, wenn er diese Möglichkeiten denn auch<br />
nutzt.<br />
zum Anlass, eine Petition zu schreiben.<br />
Die erste Petition, die ich als frisch gebackenes Mit-<br />
Neben Bitten erreicht uns auch eine Vielzahl von<br />
wertvollen Vorschlägen. So enthielt eine Petition zu den<br />
Heimkosten ganz konkrete Forderungen und Vorschläge.<br />
glied des Petitionsausschusses auf den Tisch bekam,<br />
richtete sich auf das Anliegen, Fachhochschulingenieuren<br />
den gleichberechtigten Zugang zum Referendariat<br />
für den höheren öffentlichen Dienst zu ermöglichen wie<br />
Ich möchte mich zum Schluss bei allen Bürgerinnen Universitätsingenieuren. Diese Petition wurde von allen<br />
und Bürgern für ihre offene Art und für ihre klare Spra- deutschen Fachhochschulen ebenso unterstützt wie etwa<br />
che bedanken. Das soll auch für uns für die nächste Zeit von der Hochschulrektorenkonferenz, in der auch Uni-<br />
Auftrag sein: eine Sprache zu finden – gerade auch, versitätsleitungen sitzen.<br />
wenn sich der Petitionsausschuss nach außen wendet –,<br />
die die Menschen verstehen, und die komplizierten Einzelschicksale<br />
klar und deutlich darzustellen. Lassen Sie<br />
uns so weiterarbeiten!<br />
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.<br />
Aus eigener interner Kenntnis weiß ich um die Qualität<br />
und das hohe auch wissenschaftliche Niveau einer Ingenieurausbildung<br />
an den Fachhochschulen. Deshalb<br />
schien mir dieses Anliegen gerechtfertigt und seine Umsetzung<br />
längst überfällig zu sein. Ich glaubte also, es sei<br />
(B)<br />
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten<br />
der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE<br />
GRÜNEN und der FDP)<br />
ein Selbstgänger, nachdem ich die Mitglieder meiner Arbeitsgruppe<br />
im Petitionsausschuss von meinem Votum,<br />
nämlich Überweisung zur Berücksichtigung – das<br />
höchste Votum –, überzeugt hatte. Dabei hatte ich das<br />
(D)<br />
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:<br />
Als letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt<br />
hat die Kollegin Vera Dominke von der CDU/CSU-Fraktion<br />
das Wort.<br />
Zitat von Hans-Jochen Vogel im Auge, man müsse von<br />
Politikern erwarten können, dass Wort und Tat übereinstimmen;<br />
denn schließlich lesen sich die Stellungnahmen<br />
von Politikern der Mehrheitsfraktionen zu diesem<br />
Thema in den einschlägigen Fachmedien so: Der bil-<br />
(Beifall bei der CDU/CSU)<br />
dungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion sieht in seiner<br />
Faktion „Anzeichen dafür, dass Veränderungen zugunsten<br />
der Fachhochschulen möglich sind.“ Ein<br />
anderes Zitat: „Bündnis 90/Die Grünen sind die einzige<br />
Partei, in der Konsens besteht: Die Gleichwertigkeit der<br />
Fachhochschulen mit den Universitäten muss endlich in<br />
den Gesetzen realisiert werden.“<br />
Vera Dominke (CDU/CSU):<br />
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die<br />
lange Rednerliste, die jetzt mit mir zu Ende geht, dokumentiert<br />
die unendliche Vielfalt der Themen, mit denen<br />
sich der Petitionsausschuss befasst: Es gibt wohl kein<br />
Arbeitsgebiet in diesem Hohen Haus, auf dem eine Abgeordnete<br />
es mit so vielen unterschiedlichen Lebensfeldern<br />
zu tun bekommt, auf denen einzelne Menschen unseres<br />
Landes individuellen oder auch allgemeinen<br />
Handlungsbedarf formulieren.<br />
Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit ganz kurz auf die<br />
Statistik lenken: Von den natürlichen Personen, die im<br />
Jahre 2003 eine Petition einreichten, sind nur knapp ein<br />
Drittel Frauen, mehr als zwei Drittel sind Männer. Das<br />
liegt nun sicherlich nicht daran, dass es für die Frauen in<br />
unserem Lande so viel weniger Probleme gibt als für die<br />
Männer – wahrscheinlich sind die Frauen nur zu mehr<br />
Duldsamkeit erzogen; „sozialisiert“ nennt man das ja<br />
heute.<br />
Relativ wenige Petitionen betrafen den Bildungs- und<br />
Ausbildungsbereich. Häufig ging es dabei um Probleme<br />
Hier hätte es in der Hand des Petitionsausschusses gelegen,<br />
den bestehenden Anachronismus zu beseitigen<br />
und einen fraktionsübergreifenden Anstoß zum Abschneiden<br />
alter Zöpfe zu geben. Die Mitglieder der<br />
Koalitionsfraktionen verweigerten sich aber der Weiterleitung<br />
der Petition und beerdigten diese sang- und klaglos.<br />
(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE<br />
GRÜNEN]: Sie wurde ordentlich abgeschlossen<br />
und nicht beerdigt!)<br />
So enttäuschend dieses Abstimmerlebnis auch war,<br />
stelle ich zum Abschluss, weil ich jetzt die letzte Rednerin<br />
bin, aber doch versöhnlich fest, dass so etwas nicht<br />
der Regelfall im Petitionsausschuss ist. Als Regelfall erlebe<br />
ich vielmehr die sachorientierte und am Wohl des