Stenografischer Bericht: 114. Sitzung - Deutscher Bundestag
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Christoph Hartmann (Homburg)<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 15. Wahlperiode – <strong>114.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 10351<br />
(A) nächst einmal auf Eis gelegt. In diesem Haus haben wir rieschwache, die es einfach nicht schaffen, in der vorge- (C)<br />
aber monatelang über die Ausbildungsplatzabgabe gegebenen Zeit das bisher notwendige Pensum zu lernen.<br />
stritten.<br />
Für sie brauchen wir dreieinhalbjährige Berufsausbil-<br />
(Jörg Tauss [SPD]: Umlage!)<br />
dungen. Wir brauchen aber auch theoriegeminderte<br />
zweijährige Berufsausbildungen; diese Notwendigkeit<br />
Fraktionen und Ministerien sind damit beschäftigt gewe- wird ja mittlerweile im ganzen Haus eingesehen.<br />
sen. Wenn Sie diese Ressourcen in ein modernes Berufsausbildungsgesetz<br />
gesteckt hätten, wären wir heute sehr<br />
viel weiter und es läge nicht erst ein Referentenentwurf<br />
vor. Das wäre das richtige Signal gewesen.<br />
Allerdings will ich auf eines hinweisen, Frau Ministerin,<br />
weil Sie immer sagen, das gibt es ja schon.<br />
(Jörg Tauss [SPD]: Ja!)<br />
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)<br />
Wir alle sind der Meinung, dass die berufliche Bildung<br />
eine der tragenden Säulen des deutschen Bildungssystems<br />
ist. Wir müssen sie weiterentwickeln, wir müssen<br />
die wirtschaftlichen und die gesellschaftlichen<br />
Herausforderungen annehmen. 90 000 Schüler verlassen<br />
jedes Jahr unsere Schulen ohne Abschluss. Immer<br />
mehr Betriebe klagen darüber, dass sie keine geeigneten<br />
Ja, das gibt es schon, aber das ist, lieber Herr Tauss, erst<br />
bei 10 Prozent der Berufsausbildungen der Fall. Das ist<br />
viel zu wenig. Da besteht Handlungsbedarf, das muss<br />
sehr viel stärker ausgebaut werden.<br />
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten<br />
der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Wie viel<br />
Prozent wollen Sie denn? Nennen Sie einmal<br />
eine Prozentzahl!)<br />
Bewerber finden. 15 Prozent der Auszubildenden schaffen<br />
die Ausbildung nicht.<br />
In vielen Punkten sind wir ähnlicher Meinung wie die<br />
CDU/CSU: bezüglich der zweijährigen Berufsausbil-<br />
Die Zahl der betrieblichen Ausbildungsplätze geht<br />
zurück. Woran liegt das? Es liegt nicht an der mangelnden<br />
Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen,<br />
dungen, der Ausbildungsplatzabgabe und der Vernetzung<br />
der Berufsvorbereitung. Das sind Punkte, die wir<br />
schon in der letzten Legislaturperiode gefordert haben<br />
und für die wir in der letzten Legislaturperiode teilweise<br />
(Jörg Tauss [SPD]: Nein!)<br />
von Ihrer Seite gescholten worden sind. Aber wir sagen<br />
es liegt an den politischen Rahmenbedingungen,<br />
auch ganz klar, dass uns der Gesetzentwurf, den Sie vorgelegt<br />
haben, in einigen Punkten nicht weit genug geht.<br />
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten<br />
der CDU/CSU)<br />
Wir brauchen mehr Flexibilität. So wollen wir den Kammern<br />
die Möglichkeit einräumen, die Berufsbildungsausschüsse<br />
erheblich zu verkleinern; so werden Auf-<br />
(B)<br />
an der schwachen Konjunktur, an den Insolvenzen, daran,<br />
dass unsere Schulen besser werden müssen – wir<br />
müssen auch schwächeren Jugendlichen die Möglichkeit<br />
geben, eine Berufsausbildung zu schaffen –, dass die<br />
wand, Zeit und Geld gespart.<br />
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten<br />
der CDU/CSU)<br />
(D)<br />
Kosten der Ausbildung zu hoch sind, dass der Verwaltungsaufwand<br />
für die Ausbildung immens ist. Nur wenn<br />
wir die schulischen und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen<br />
verbessern, nur wenn wir die Ausbildungs-<br />
Wir wollen – auch darauf will ich eingehen, weil Sie,<br />
Frau Ministerin, das ebenfalls angesprochen haben – die<br />
Ausbildungsvergütung flexibel gestalten, und zwar für<br />
die, die außertariflich beschäftigt sind; deswegen hat das<br />
hindernisse aus dem Weg räumen, nur dann wird das im nichts mit einem Eingriff in die Tarifautonomie zu tun.<br />
gestern unterzeichneten Ausbildungspakt festgelegte Es ist besser, wenn ein Jugendlicher für 350 Euro im<br />
Ziel wirklich zu erreichen sein.<br />
Monat ausgebildet wird, als wenn er nicht ausgebildet<br />
Wir brauchen die Modernisierung des Berufsausbil-<br />
wird, weil man ihm 750 Euro im Monat zahlen müsste.<br />
dungsrechtes.<br />
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten<br />
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten<br />
der CDU/CSU)<br />
der CDU/CSU)<br />
Wir brauchen Entbürokratisierung von Vorschriften,<br />
Dazu zählt die Modularisierung der Berufsausbildung.<br />
Wir wollen einzelne Stufen haben, die aufeinander<br />
aufbauen, die mit der Berufsfähigkeit abschließen<br />
oder an die sich eine Fortsetzung der Berufsausbildung<br />
anschließen kann. Gerade das ist wichtig für Schulmüde,<br />
für theoretisch weniger Begabte, die sonst zu Ausbildungsabbrechern<br />
werden. Die Stufenausbildung ist viel<br />
besser als die Ersatzmaßnahmen JUMP Plus oder die<br />
Praktikumsvariante. Das ist ein Weg, den wir gehen sollten.<br />
zum Beispiel über Sozialräume, Pausen oder Beschäftigungszeiten.<br />
Ich kenne ein Beispiel einer jungen Frau,<br />
die eine Ausbildung als Tischlerin machen wollte. Der<br />
Ausbildungsvertrag war unterschrieben, aber er musste<br />
annulliert werden, weil in dem entsprechenden Ausbildungsbetrieb<br />
keine Damentoilette vorhanden ist.<br />
(Jörg Tauss [SPD]: Dieser Gag wird seit<br />
30 Jahren erzählt und wird dadurch nicht besser!<br />
Also hören Sie einmal auf damit, mit Verlaub!)<br />
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten – Herr Tauss, es tut mir Leid, dass Sie heute nicht reden<br />
der CDU/CSU)<br />
dürfen.<br />
Wir brauchen mehr Flexibilität, gerade auch im Hin- (Volker Kauder [CDU/CSU]: Es tut mir gar<br />
blick auf schwächere Jugendliche. Es gibt Theo-<br />
nicht Leid!)