Stenografischer Bericht: 114. Sitzung - Deutscher Bundestag
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10380 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 15. Wahlperiode – <strong>114.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004<br />
Swen Schulz (Spandau)<br />
(A) wie: Viel Arbeit, wenig Renommee; na ja, als Jüngster Menschen. Die Tätigkeit im Petitionsausschuss trägt (C)<br />
meiner Landessgruppe hätte ich wohl in den Ausschuss deswegen auch ganz sicher zur Erdung der politischen<br />
müssen, und Lehrjahre sind keine Herrenjahre. Umso Arbeit bei.<br />
größer war meine Freude darüber, dass ich es nicht nur<br />
mit versprengten, in den Petitionsausschuss gezwungenen<br />
Neulingen zu tun hatte, sondern dass engagierte,<br />
zum Teil gestandene Abgeordnete anspruchsvolle Arbeit<br />
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE<br />
GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten<br />
der CDU/CSU)<br />
gestalten.<br />
In diesem Sinne sind wir „<strong>Bundestag</strong> at its best“. Wir<br />
Nach anderthalb Jahren kann ich bestätigen: Die Tätigkeit<br />
ist tatsächlich lehrreich. Sie ist voller Abwechslungen<br />
und von Bedeutung. Ich musste aber auch feststellen,<br />
dass der Petitionsausschuss häufig immer noch<br />
unterschätzt wird. Wir müssen darum in unserem Bemühen<br />
fortfahren, die Bedeutung des Ausschusses zu er-<br />
diskutieren miteinander: einmal streitig, einmal auf der<br />
Suche nach gemeinsamen Lösungen, aber immer entlang<br />
der Eingaben der Bürgerinnen und Bürger. Da fallen die<br />
Situationen, in denen ich mich über die Union ärgere,<br />
weil sie wieder einmal parteipolitisches Kapital aus einer<br />
Petition schlagen will, gar nicht so sehr ins Gewicht.<br />
(B)<br />
klären und sein Ansehen zu heben: bei den Bürgern, den<br />
Medien und den Kolleginnen und Kollegen. Es wäre<br />
darüber hinaus auch schön, wenn uns die Bundesregierung<br />
noch mehr wertschätzen würde als sowieso schon.<br />
Allerdings ist das auch nicht so wichtig, solange sie tut,<br />
was wir wollen.<br />
(Heiterkeit)<br />
Wir müssen verdeutlichen, welche Funktion, welchen<br />
besonderen Charakter der Petitionsausschuss hat. In ihm<br />
werden Anliegen aus allen Politikbereichen erörtert und<br />
häufiger, als angenommen wird, können wir den Menschen<br />
helfen. Vielfach führen Petitionen zu politischen<br />
Debatten, Initiativen und Änderungen der Rechtslage.<br />
Mit der großartigen Unterstützung seines Dienstes greift<br />
der Petitionsausschuss Anregungen der Bürger auf und<br />
speist sie mit Anmerkungen versehen in Bundesregierung<br />
und <strong>Bundestag</strong> ein.<br />
Wir machen das, so denke ich, ohne Scheu vor Selbstkorrektur;<br />
denn wir wissen, dass Politik und Verwaltung<br />
Fehler machen, aber auch nicht alle aus einem Gesetz resultierenden<br />
praktischen Probleme vorhersehen können.<br />
Manchmal ergeben sich erst nach Jahren so vertrackte<br />
individuelle Konstellationen, in denen eine lang erprobte<br />
(Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Sie machen<br />
das ja nie! – Günter Baumann [CDU/CSU]: Es<br />
hatte so schön angefangen!)<br />
– Na ja, es mag ja sein, dass es zu früheren Zeiten in anderen<br />
Konstellationen auch einmal so war, auch wenn<br />
ich mir das gar nicht vorstellen kann.<br />
Der Jahresbericht 2003 des Petitionsausschusses hat<br />
im Gegensatz zu dem des Jahres 2002 in den Medien<br />
starke Beachtung gefunden. Das liegt wohl daran, dass<br />
es 2002 einen Rückgang der Petitionen gab und 2003<br />
wieder einen Zuwachs. Während der Rückgang im<br />
Jahre 2002 nicht weiter erklärt wurde, wurde der Zuwachs<br />
im Jahre 2003 als Zeichen für die Unzufriedenheit<br />
der Bürger gewertet und auf die Politik der Regierungskoalition<br />
zurückgeführt.<br />
(Günter Baumann [CDU/CSU]: Das ist<br />
logisch!)<br />
Herr Baumann hat das hier eben so vorgetragen. Man<br />
muss berücksichtigen, dass viele Petitionen nichts mit<br />
aktuellen Entscheidungen der Regierungskoalition zu<br />
tun haben, in anderen wird die Regierung kritisiert, in<br />
manchen wird sie aber auch unterstützt.<br />
(D)<br />
Rechtslage nun zu inakzeptablen Ergebnissen führt.<br />
Mit 15 534 Petitionen haben wir den zweitniedrigsten<br />
Manchmal werden Probleme ganz neu von Bürgern Wert seit der Wiedervereinigung. Was sagt uns das, liebe<br />
angepackt und uns erreichen Vorschläge, die wir aufgrei- Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, über die<br />
fen. Natürlich gibt es auch Petitionen, in denen aktuelle Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger mit den je-<br />
öffentliche Debatten kommentiert, bekannte Forderunweiligen Regierungen? Wir sollten solche Rechenspiele<br />
gen unterstützt werden. Es gibt also viele verschiedene unterlassen; denn sie lassen das Petitionswesen im fal-<br />
Motive für Menschen, uns zu schreiben.<br />
schen Licht erscheinen.<br />
Auffallend ist über die Jahre die Häufigkeit von Peti- (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des<br />
tionen aus den neuen Bundesländern. Die Bürger dort<br />
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)<br />
wenden sich an den Ausschuss in den gewissermaßen<br />
üblichen Bereichen und zusätzlich in den Fragen, die<br />
sich aus der Einheit und ihren Folgen ergeben. Auch daran<br />
sehen wir, dass das Zusammenwachsen Zeit benötigt<br />
und manchmal immer noch Handlungsbedarf besteht.<br />
Wir sollten das Petitionswesen stärken, indem wir in<br />
der Öffentlichkeit dafür werben und den Menschen deutlich<br />
machen, dass es sinnvoll ist, sich an uns zu wenden.<br />
Einige Initiativen der Öffentlichkeitsarbeit sind schon<br />
erfolgreich ergriffen worden, etwa Bürgersprechstunden<br />
Nun werden im Petitionsausschuss selbstverständlich bei Messen. Wir können uns darüber hinaus einiges vor-<br />
auch parteipolitische Unterschiede deutlich. Wenn ein stellen, was den direkten Kontakt mit Bürgerinnen und<br />
Petent eine kontroverse Forderung formuliert, entsteht Bürgern verbessert, beispielsweise die Einrichtung von<br />
darüber natürlich eine Debatte. Das gehört sich auch so. Telefonhotlines. Das würde unsere Unterstützung fin-<br />
Es gibt aber auch – vielleicht mehr als in anderen Ausden. Wir dürfen nicht nur in Berlin sitzen und darauf<br />
schüssen des <strong>Bundestag</strong>es – Gespräche jenseits der Par- warten, dass die Leute von sich aus auf die Idee komteilinien,<br />
weil es häufig eben nicht um ideologische Framen, uns zu schreiben. Wir müssen zu den Leuten gehen<br />
gen geht, sondern um die tatsächlichen Erfahrungen der und sie ansprechen.