Stenografischer Bericht: 114. Sitzung - Deutscher Bundestag
Stenografischer Bericht: 114. Sitzung - Deutscher Bundestag
Stenografischer Bericht: 114. Sitzung - Deutscher Bundestag
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Horst Friedrich (Bayreuth)<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 15. Wahlperiode – <strong>114.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 10441<br />
(A) Das ist das Gegenteil von dem, was uns Herr Mehdorn sem Netz die dritte Novelle des Allgemeinen Eisen- (C)<br />
am laufenden Band vorzugaukeln versucht. Normalerbahngesetzes auf den Weg bringen und wir sind überweise<br />
müsste ein Gutachter nach dieser Grundlagenerhezeugt, dass dies ein wichtiger Beitrag zur Verbesserung<br />
bung seriöserweise sagen: Ein Börsengang ist momentan des Wettbewerbs und zur Eigenständigkeit der Netz AG<br />
nicht möglich; macht erst einmal eure Hausaufgaben. – ist.<br />
Das steht auch im Gutachten. Warum allerdings ein paar<br />
Seiten weiter als Ergebnis festgestellt wird, dass ein Börsengang<br />
möglich sei, auch wenn es ein sportlicher Wettbewerb<br />
sei – dabei ist das Wort „sportlich“ nicht definiert<br />
–, ist fraglich. Wenn jemand, der in seinem Leben<br />
noch nie einen Marathonlauf bestritten hat, übermorgen<br />
am Olympia-Marathonlauf teilnimmt und den Sieg davonträgt,<br />
dann ist das sportlich. Ich glaube, die Hürden<br />
der Deutschen Bahn beim Börsengang sind vergleichbar.<br />
Ein weiterer wichtiger Punkt, über den wir heute diskutieren,<br />
ist die Überlegung zur Teilprivatisierung der<br />
DB AG. 1993 wurde die Bahnreform mit breiter, parteiübergreifender<br />
Mehrheit beschlossen. Wir stehen heute<br />
wieder vor der Situation, dass es ohne das Parlament<br />
keine Entscheidung gibt und ein Börsengang bzw. eine<br />
Teilprivatisierung ohne den Bundesrat, das heißt ohne<br />
die Länder, nicht machbar ist.<br />
Nein, es muss in einer seriösen Untersuchung ohne jeden<br />
Zeitzwang festgelegt werden, welche Alternativen<br />
möglich sind und wo die Vor- und Nachteile liegen. Das<br />
kann man eben nicht nur aus der Sicht des Kapitalmarktes<br />
definieren, sondern das muss auch aus ordnungspolitischer<br />
und verkehrspolitischer Sicht festgelegt werden.<br />
Wir, die SPD-Fraktion, legen großen Wert darauf,<br />
dass die Chancen und die Risiken ergebnisoffen und umfassend<br />
diskutiert werden. Vor der Entscheidung über<br />
das Ob und das Wie dieser Teilprivatisierung muss eine<br />
Prüfung aller Auswirkungen erfolgen. Für uns gilt:<br />
Sorgfalt vor Eile.<br />
Deswegen bin ich dankbar, dass zum einen der Verkehrsausschuss<br />
diese gemeinsame Entschließung verabschiedet<br />
hat und dass zum anderen heute im Plenum darüber<br />
debattiert wird, damit vom ganzen <strong>Bundestag</strong> aus das<br />
Signal an den Bahntower am Potsdamer Platz ergeht:<br />
Gegen uns ist eine Privatisierung im Schweinsgalopp<br />
nicht machbar.<br />
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/<br />
DIE GRÜNEN)<br />
Die Auswirkungen müssen sich in der verkehrspolitischen<br />
Realität in den nächsten Jahrzehnten bewähren.<br />
Vor der Entscheidung des Parlaments müssen einige Voraussetzungen<br />
erfüllt werden:<br />
(B)<br />
Hier muss deutlicher, länger und gründlicher diskutiert<br />
werden.<br />
(Beifall bei der FDP)<br />
Ich danke für die Aufmerksamkeit und freue mich auf<br />
die weitere gemeinsame Zusammenarbeit in diesem<br />
Punkt.<br />
Der nachhaltige wirtschaftliche Erfolg der DB AG<br />
muss deutlich erkennbar sein. Es darf nicht sein – darauf<br />
ist vorhin schon hingewiesen worden –, dass die Leistungen<br />
des Bundes für die Rendite eine Rolle spielen.<br />
Das verkehrspolitische Ziel, mehr Verkehr auf die<br />
Schiene zu bringen, muss im Vordergrund jeglicher Entscheidung<br />
stehen.<br />
(D)<br />
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie<br />
(Unruhe)<br />
bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE<br />
GRÜNEN)<br />
– Ich freue mich, dass sich so viele Kolleginnen und<br />
Kollegen diese wichtige Debatte anhören.<br />
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:<br />
Nun hat das Wort die Kollegin Karin Rehbock-<br />
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/<br />
DIE GRÜNEN)<br />
Zureich, SPD-Fraktion.<br />
Das heißt für uns, dass das Vertragsmodell und das Eigentumsmodell<br />
gleichermaßen überprüft werden, damit<br />
wir eine Entscheidungsgrundlage haben, um Risiken und<br />
Chancen abschätzen zu können. Denn in dem Gutachten<br />
von Morgan Stanley erfolgt die Bewertung ausschließlich<br />
aus der Sicht eines möglichen Investors. Morgan<br />
Stanley lässt viele Fragen offen und stellt kritische Fragen,<br />
die zunächst einmal abgearbeitet werden müssen.<br />
Karin Rehbock-Zureich (SPD):<br />
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen!<br />
Wir stehen heute im Bereich der Schienenpolitik<br />
vor wichtigen Entscheidungen. Es geht erstens um die<br />
zukünftige Rolle des Verkehrsträgers Schiene im Transitland<br />
Deutschland und zweitens darum, welche Rolle<br />
die Schiene im zukünftigen Europa spielt.<br />
Wir haben in unserem Antrag den Wettbewerb, den<br />
Netzzugang und die Chancengleichheit im Schienennetz<br />
thematisiert. Wir werden die Ergebnisse der Arbeit der<br />
Taskforce umsetzen. Die Verkehrspolitik wird auch in<br />
Zukunft die Entwicklung dieses Verkehrssystems bestimmen.<br />
Verkehrspolitik gibt vor, welche Verkehrsträger<br />
welche Zuwächse erhalten können. Dies gilt auch für<br />
die Schiene.<br />
Wir werden im Zusammenhang mit der Diskussion<br />
über die Chancengleichheit und über den Zugang zu die-<br />
Die Fragen sind kein Pappenstiel. Erstens muss die<br />
dauerhafte Absicherung der Bundesmittel über mindestens<br />
zehn Jahre hinweg gesichert sein. Zweitens muss<br />
die vollständige Umstellung von Darlehen auf Baukostenzuschüsse<br />
erfolgen. Des Weiteren – auch das ist für<br />
uns ein Knackpunkt – wird der Regionalverkehr zum<br />
Kernstück einer positiven Bewertung der Teilprivatisierung.<br />
Das bedeutet – Morgan Stanley macht dies zur<br />
Voraussetzung –, dass die Erhöhung und langfristige<br />
Festlegung der Regionalisierungsmittel auf dem gegenwärtigen<br />
Niveau gesichert sein müssen. Dies setzt voraus,<br />
dass die DB AG einen Marktanteil von 50 Prozent