Stenografischer Bericht: 114. Sitzung - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 15. Wahlperiode – <strong>114.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 10497<br />
(A) um so die strukturbildenden Effekte der Entwicklungs- wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung kom- (C)<br />
partnerschaften zu erhöhen. Erste erfolgreiche Beispiele patibel sein.<br />
für derartige Allianzen sind die Zusammenarbeit mit<br />
dem Deutschen Kaffee-Verband und der Außenhandelsvereinigung<br />
des deutschen Einzelhandels zur Erarbeitung<br />
und Einführung von Umwelt- und Sozialstandards<br />
für Kaffeefirmen und Zulieferbetriebe in der Beklei-<br />
Zweitens. Beide Seiten müssen durch den komplementären<br />
Einsatz öffentlicher und privater Mittel ihre jeweiligen<br />
Ziele kostengünstiger, wirksamer und schneller<br />
erreichen.<br />
dungsindustrie.<br />
Drittens. Es dürfen nur Maßnahmen gefördert wer-<br />
Zweitens. Die Entwicklungspartnerschaften werden<br />
in stärkerem Maße in die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit<br />
mit den Partnerländern eingebunden. Dadurch<br />
ist es möglich, die Signifikanz des Instruments zu erhöhen<br />
und die Synergieeffekte zwischen staatlicher Entden,<br />
die ohne öffentlichen Beitrag nicht oder mit geringerer<br />
entwicklungspolitischer Wirkung von einem Unternehmen<br />
erbracht würden.<br />
Viertens. PPP-Vorhaben müssen allen Unternehmen<br />
offen stehen.<br />
wicklungszusammenarbeit und privatwirtschaftlichem<br />
Engagement im Rahmen von Entwicklungspartnerschaften<br />
zu verstärken. Im Jahr 2003 ist erstmals mehr privates<br />
Kapital durch PPP-Projekte im Rahmen der bilateralen<br />
Entwicklungszusammenarbeit eingeworben worden<br />
als im Rahmen der Fazilität.<br />
Drittens. Wir werden dafür Sorge tragen, dass in der<br />
Praxis der Entwicklungspartnerschaften ein besonderes<br />
Gewicht auf die Förderung von Maßnahmen gelegt wird,<br />
die der strukturellen Armutsminderung, zum Beispiel<br />
durch Bildungs- und Qualifizierungsprojekte, dienen.<br />
Fünftens. Die Unternehmen müssen einen substanziellen<br />
Eigenbeitrag, der in der Regel mindestens<br />
50 Prozent des Gesamtaufwandes betragen sollte, selbst<br />
finanzieren.<br />
Diese Auswahlkriterien sollten nicht als Hindernis<br />
verstanden werden, sondern als Beispiele dafür, wie privatwirtschaftliches<br />
Gewinnstreben und eine nachhaltige,<br />
soziale und wirtschaftliche Entwicklung in Einklang gebracht<br />
werden können. Die Zusammenarbeit zwischen<br />
Wirtschaft und Politik im Rahmen der Entwicklungspartnerschaften<br />
hat somit Laborcharakter. Sie öffnet den<br />
Bei all diesen positiven Entwicklungen möchte ich an<br />
dieser Stelle nicht verschweigen, dass es insbesondere<br />
vonseiten der Nichtregierungsorganisationen, aber auch<br />
vonseiten der Wirtschaft vereinzelt Kritik am Konzept<br />
Blick der Wirtschaft für deren globale Verantwortung in<br />
der gemeinsamen Bekämpfung der Armut. Sie öffnet<br />
den Horizont für eine gerechte Gestaltung der Globalisierung.<br />
der Entwicklungspartnerschaften gibt. Die Nichtregie- Es ist nicht notwendig, die Kriterien für die Entwick-<br />
(B)<br />
rungsorganisationen befürchten, die Zusammenarbeit mit<br />
den Unternehmen werde die Entwicklungspolitik langlungspartnerschaften<br />
aufzuweichen, sondern humanitäre,<br />
ökologische und soziale Standards nach und nach<br />
(D)<br />
fristig zu einer neuen Form der Außenwirtschaftsförde- für den ganzen Bereich der Außenwirtschaft unwiderrufrung<br />
degradieren. Die Wirtschaft hingegen ist an einer lich zu selbstverständlichen Grundsätzen zu machen.<br />
weiteren Lockerung der Kriterien und einer noch unbüro- Denn wenn wir die Herausforderungen der Zukunft<br />
kratischeren Abwicklung der Genehmigungsverfahren meistern wollen, ist es unabdingbar, die gesellschaftspo-<br />
für Entwicklungspartnerschaften interessiert.<br />
litische und soziale Verantwortung der Unternehmen für<br />
Dieser Kritik möchte ich entgegenhalten: Die Abgrenzung<br />
zwischen den Entwicklungspartnerschaften<br />
und der Außenwirtschaftsförderung ist durch die strikte<br />
Orientierung an den entwicklungspolitischen Zielvorgaben<br />
der Bundesregierung bisher und in Zukunft gewährleistet.<br />
Die Grundlage der Entwicklungspartnerschaften ist<br />
und bleibt die Mobilisierung eines Beitrags zur sozialen<br />
und wirtschaftlichen Entwicklung der Partnerländer. Die<br />
Grundlage ist nicht der Förderbedarf deutscher oder<br />
europäischer Unternehmen.<br />
eine gerechte Ausgestaltung der Globalisierung einzufordern.<br />
Die Entwicklungspartnerschaften mit der Wirtschaft<br />
sind hier ein wichtiger Hebel, gerade wenn sie mit der<br />
Global-Compact-Initiative von UN-Generalsekretär<br />
Kofi Annan verknüpft werden. Wenn alle gesellschaftlichen<br />
Kräfte in diesem Sinne sensibilisiert und mobilisiert<br />
werden, besteht die Aussicht auf eine gerechtere<br />
Welt. Wirtschaft und Unternehmen müssen ihren Image-<br />
Gewinn aus entwicklungspartnerschaftlichem Handeln<br />
erkennen und ausbauen.<br />
Für die Zivilgesellschaft gilt: Verbraucherinnen und<br />
Wir wollen die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft, Verbraucher müssen ihre Macht einsetzen und mehr und<br />
aber als Entwicklungspolitikerinnen und Entwicklungs- mehr Transparenz im ökonomischen Geschehen einforpolitiker<br />
bestimmen wir die Rahmenbedingungen für die dern. Parlamente überall auf der Welt müssen für die po-<br />
Zusammenarbeit und setzen Grenzen.<br />
litischen Rahmenbedingungen sorgen. So können wir<br />
Fehlentwicklungen frühzeitig verhindern und die Potenziale<br />
der Entwicklungspartnerschaften für die globale<br />
Bekämpfung der Armut optimal nutzen.<br />
Wir wollen, dass auch in Zukunft Entwicklungspartnerschaften<br />
mit der Wirtschaft fünf Auswahlkriterien erfüllen:<br />
Erstens. Sie müssen mit den entwicklungspolitischen<br />
Zielvorgaben der Bundesregierung sowie den Länderund<br />
Sektorenkonzepten des Bundesministeriums für<br />
Gerade in diesem Zusammenhang finde ich es sehr<br />
bedauerlich, dass die Opposition, die sich doch gerade<br />
wegen ihrer besonderen Nähe zur Wirtschaft immer<br />
gerne selbst auf die Schulter klopft, auch heute wieder