Stenografischer Bericht: 114. Sitzung - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 15. Wahlperiode – <strong>114.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 10487<br />
(A) markt nicht im wahrsten Sinne des Wortes „überrollen“, Einrichtungen sowie der bauliche Zustand entsprechen (C)<br />
muss eine Änderung des Personenbeförderungsgesetzes zwar nicht dem deutschen Standard, sind aber zufrieden-<br />
her, die ausdrücklich festlegt, dass Genehmigungen nach stellend. Das Lohnniveau in der Slowakei liegt bei<br />
dem Personenbeförderungsgesetz nur an Unternehmen 3 Euro gegenüber rund 26 Euro in Deutschland. Das<br />
mit inländischem Betriebssitz oder einer inländischen heißt, es fällt ein saftiger Gewinn an, der in einigen Jah-<br />
Niederlassung erteilt werden dürfen. Einen von Bayern ren in den Bau neuer Kurbetriebe investiert wird.<br />
initiierten Gesetzentwurf des Bundesrates werden wir<br />
nach Kräften unterstützen.<br />
Daher ist es für die Zukunft umso wichtiger, dass die<br />
deutschen Kurorte sich auf ihre Stärken konzentrieren.<br />
Geflissentlich übersieht die Koalition in ihrem Antrag Sie müssen ihren spezifischen Charakter und ihre At-<br />
auch, dass endlich die einheitliche Besteuerung von Bustraktionen herausstellen, um so an Profil zu gewinnen<br />
reisen umgesetzt werden muss, um die Durchführung und Nischen zu besetzen. Dabei dürfen unsere Kurorte<br />
grenzüberschreitender Busreisen zu erleichtern. Sie wis- und Heilbäder von der Bundesregierung aber nicht allein<br />
sen ja, dass in den meisten EU-Staaten die Mehrwert- gelassen werden. Es reicht nicht, nur auf den Europäisteuer<br />
auf Beförderungsleistungen bei erdgebundenen schen Heilbäderverband zu verweisen. Die linke Seite<br />
Reisen unterschiedlich geregelt ist.<br />
des Hauses macht es sich mal wieder leicht. Nein, die<br />
Ich habe gerade vom billigen Sprit gesprochen. Das<br />
führt zum Problem des Tanktourismus. Grenznahe Tankstellen<br />
erlitten Umsatzeinbrüche von bis zu 80 Prozent.<br />
Über 300 Stationen mussten schließen. Die Ausfälle an<br />
Bundesregierung ist aufgefordert, ihren Einfluss in Europa<br />
zu nutzen, um europaweit faire Wettbewerbsbedingungen<br />
für den Kur- und Heilbäderbereich durchzusetzen.<br />
Mineralölsteuer liegen bei weit über 1 Milliarde Euro Bei all den hier diskutierten Problemen ist jedoch<br />
pro Jahr. Aber statt ein Konzept zur Hilfe vorzulegen, festzustellen, dass der Tourismus immer mit der Begeg-<br />
wie die mittelständischen Mineralölverbände, verweist nung von Menschen und der engen Verbindung von wirt-<br />
die Bundesregierung nur auf eine Harmonisierung der schaftlichen, sozialen und kulturellen Leistungen zu tun<br />
EU-Steuersätze. Jeder weiß, dass dies in absehbarer Zeit hat. Beim Reisen und bei der Zusammenarbeit mit den<br />
nicht zu erwarten ist.<br />
Beitrittsstaaten stellt die sprachliche Verständigung kein<br />
(B)<br />
Auf der anderen Seite kann die Tourismusbranche in<br />
Deutschland langfristig voraussichtlich von einer zusätzlichen<br />
touristischen Nachfrage profitieren. Die niedrigen<br />
Steuern in den Beitrittsländern werden dort zu Wohlstand<br />
führen. Bereits heute wird für das Deutschland-Incoming<br />
aus ganz Osteuropa ein Gesamtumsatz von<br />
2,7 Milliarden Euro erzielt Die DZT sagt für den Zeitraum<br />
2003 bis 2005 ein Kernpotenzial von rund 5,6 Millionen<br />
Reisen aus den Beitrittsländern voraus.<br />
größeres Problem dar. Deutsch lernen Schüler in Slowenien<br />
zu 83 Prozent, in der Slowakei zu 79 Prozent, in<br />
Tschechien zu 76 Prozent und in Polen zu 62 Prozent.<br />
Ein verstärkter Jugendaustausch, wie im Antrag gefordert,<br />
wird hier auf fruchtbaren Boden fallen. Aber auch<br />
immerhin 17 Prozent der Erwachsenen in den Beitrittsstaaten<br />
beherrschen unsere Sprache so gut, dass sie sich<br />
ausreichend in Deutsch unterhalten können. Deutsch ist<br />
in den Beitrittsländern nach Englisch und Russisch die<br />
meistgesprochene Sprache. Kein anderer Wirtschafts-<br />
(D)<br />
Nach einer Expertenbefragung der Fachhochschule<br />
München werden die erwarteten Touristenströme jedoch<br />
recht unterschiedlich beurteilt. Die größten Gewinnzweig<br />
weist einen derartigen Querschnittscharakter auf<br />
und ist als Motor für die Integrationsprozesse so gut geeignet.chancen<br />
werden für München und Berlin gesehen. Für<br />
die Grenzregionen werden sowohl Verluste als auch Gewinne<br />
erwartet. Daher ist es umso wichtiger, dass sich<br />
die Tourismusverantwortlichen in diesen Regionen etwas<br />
einfallen lassen, damit die erwarteten EU-Bürger<br />
auch in der Grenzregion bleiben und nicht nur durchreisen.<br />
Neue Ideen sind gefragt. Mir gefällt eine solche aus<br />
Ein wichtiger Faktor für das Zusammenwachsen in<br />
Europa ist der Städte- und Jugendaustausch. Mit Frankreich<br />
gibt es 2 075 Städtepartnerschaften, mit den Beitrittsländern<br />
insgesamt nur 1 411. Die Städtepartnerschaften<br />
mit osteuropäischen Kommunen sind daher<br />
intensiver als bisher zu fördern.<br />
Österreich sehr gut. Bis zum Ende der Hauptreisezeit gewähren<br />
die Österreicher den neuen EU-Bürgern freien<br />
Eintritt bei ausgesuchten Sehenswürdigkeiten.<br />
Jürgen Klimke (CDU/CSU): Es kann gar nicht genug<br />
betont werden: Wir diskutieren heute, am<br />
51. Jahrestag des Volksaufstandes in der DDR gegen die<br />
Die Untersuchung der FH München machte auch kommunistische Herrschaft, einen Antrag zur EU-Ost-<br />
deutlich, dass viele unserer Kurorte und Heilbäder vor erweiterung. An dem Jahrestag, der an den Protest gegen<br />
neue Herausforderungen gestellt werden. Ungarn zum ein System erinnert, das ganz Osteuropa beherrschte, ein<br />
Beispiel verfügt über ein sehr ausgiebiges und vielfälti- System, das Europa durch einen Eisernen Vorhang teilte,<br />
ges Angebot im Kur- und Heilbäderbereich. 10 Prozent ein System, das jede Opposition brutal erstickte, disku-<br />
der ausländischen Touristen kommen nur, um zu kuren. tieren wir, wie wir mit unseren neuen EU-Partnern im<br />
Darüber hinaus haben die Ungarn für die Jahre 2003 bis Osten Europas das Zusammenleben organisieren wollen.<br />
2005 ein nationales Programm aufgelegt und investieren Das ist ein bewegender, ein historischer Moment.<br />
510 Millionen Euro in die Sanierung ihrer Kurbäder.<br />
Aber zur Sache: Gestern im Ausschuss haben wir eine<br />
Ein anderes Beispiel: In der Slowakei kostet ein sehr intensive Debatte zu diesem Thema geführt. Leider<br />
durchschnittlicher Kurtag 75 bis 80 Euro, gegenüber hat die Kollegin Irber ihren Argumenten von gestern<br />
100 bis 105 Euro in Deutschland. Die Ausstattung der nichts Neues hinzuzufügen. Sie erklärt, der Antrag der