Stenografischer Bericht: 114. Sitzung - Deutscher Bundestag
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Willi Brase<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 15. Wahlperiode – <strong>114.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 10359<br />
(A) Deshalb begrüßen wir ausdrücklich, dass mit dem Re-<br />
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)<br />
(C)<br />
ferentenentwurf zum Berufsbildungsgesetz jetzt der Weg<br />
zu einer weiteren Debatte und dann auch zu einer Entscheidungsfindung<br />
im Deutschen <strong>Bundestag</strong> gegangen<br />
wird. Wir werden dabei die Entwürfe der Opposition sicherlich<br />
gründlich prüfen;<br />
Meine Damen und Herren, unsere Aufgabe wird es<br />
auch sein, zu überlegen, wie wir einen Teil der jungen<br />
Leute mitnehmen können. Lassen Sie mich in diesem<br />
Zusammenhang noch etwas zu zweijährigen Ausbildungsgängen<br />
bzw. zur Ausbildung in so genannten<br />
(Werner Lensing [CDU/CSU]: Wohlwollend!) theoriegeminderten Berufen sagen. Wir wissen, dass das<br />
wir wissen, dass wir es gemeinsam machen müssen.<br />
Arbeitsplatzangebot in den nächsten acht bis zehn Jahren<br />
für An- und Ungelernte weiterhin sinken wird. Gleich-<br />
Ich möchte auf wenige Punkte eingehen.<br />
zeitig aber junge Leute massiv in zwei- oder sogar ein-<br />
In den vorliegenden Entwürfen von Union und FDP<br />
– teilweise auch in denen, die aus der Gesellschaft heraus<br />
entwickelt wurden – werden Stufenausbildung, verkürzte<br />
Ausbildung, Module als wichtige Reformziele<br />
dargestellt. Wir müssen aufpassen, glaube ich, dass wir<br />
hier nicht einen falschen Weg gehen. Durch solche Verkürzungen<br />
könnten das Berufsprinzip und die Beschäftijährige,<br />
wie manchmal gewünscht wird, Ausbildungsgänge<br />
zu schicken würde doch letztendlich bedeuten,<br />
dass wir ihnen von vornherein eine Hypothek mit auf<br />
den Weg geben, denn sie werden kaum eine vernünftige<br />
Perspektive haben. Diesen Widerspruch müssen wir in<br />
den Beratungen auflösen.<br />
(Beifall bei der SPD)<br />
gungsfähigkeit der jungen Leute aufs Spiel gesetzt werden.<br />
Es ist nun einmal so, dass es die entsprechenden Arbeitsplatzangebote<br />
nicht mehr gibt.<br />
(Beifall bei der SPD)<br />
Ausbilder sagen aus der Praxis heraus zu diesem Pro-<br />
Wir wissen, dass der große Vorteil der dualen Ausbilblem: Geben Sie mir etwas mehr Zeit für die Ausbildung<br />
dung der weiche und effektive Übergang von der Schule dieser jungen Leute, dann schaffe ich es, auch die<br />
in die Arbeitswelt sowie – damit nach wie vor verbun- Schwächeren, die so genannten benachteiligten Jugendden<br />
– eine niedrige erste und zweite Schwelle ist. Wenn lichen, so weit zu bringen, dass sie die gleiche Qualifika-<br />
wir es europäisch betrachten, kommen wir zu dem Ertion erreichen, wie sie in einem klassischen drei- oder<br />
gebnis, dass die Zahl der arbeitslosen Jugendlichen in<br />
Deutschland aufgrund dieses Berufsbildungssystems<br />
und der Beschäftigungsfähigkeit nach wie vor wesent-<br />
dreieinhalbjährigen Ausbildungsgang erwerben können.<br />
Wir sollten den Menschen diesen Weg nicht verbauen,<br />
sondern ihnen diese Chance geben.<br />
lich geringer ist als in anderen Ländern.<br />
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/<br />
(B) (Beifall bei der SPD)<br />
DIE GRÜNEN)<br />
(D)<br />
Ich warne davor, dieses Positive, diese Fähigkeit des Be- Meine Damen und Herren, es wird immer wieder darufsbildungssystems<br />
durch eine schnelle, möglicherrüber diskutiert – das wurde auch heute in der Debatte<br />
weise vorschnelle und zu brutale Einführung von Stufen- deutlich –, dass die Kosten für die Ausbildung zu hoch<br />
ausbildung und Verkürzung von Ausbildungsgängen sind, weil die Ausbildungsvergütungen zu hoch sind.<br />
aufs Spiel zu setzen.<br />
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)<br />
Mitarbeiter des Bundesinstituts für berufliche Bildung<br />
haben sich in der Ausgabe 3/2004 der Zeitschrift „Berufsbildung<br />
in Wissenschaft und Praxis“ der Frage ange-<br />
Wir wollen – das muss eine Reform erreichen – die<br />
berufliche Identität als Voraussetzung für Leistungsbereitschaft,<br />
Qualitätsbewusstsein, Verantwortung und Integration<br />
in die Gesellschaft. Es muss doch eigentlich<br />
das Ziel sein, die Facharbeitsmärkte zu revitalisieren;<br />
Stichwort: Kernberuflichkeit. Das heißt, wir müssen umnommen,<br />
welche Bedeutung die Ausbildungsvergütung<br />
in der dualen Ausbildung hat. Ihr Urteil ist sehr eindeutig:<br />
Eine pauschale Diskussion um die Höhe der Ausbildungsvergütungen<br />
ist nicht angemessen und wird der tatsächlichen<br />
Situation nicht gerecht. Lassen Sie mich<br />
einige wenige Aussagen hier kurz darstellen:<br />
fassend deutlich machen: Für uns ist neben dem Hochschulbereich<br />
vor allem der berufliche Bereich derjenige,<br />
der das Land, die Facharbeiter und die Qualität nach<br />
vorne bringt.<br />
Erstens. Ein wichtiger Maßstab für die Bewertung der<br />
Ausbildungsvergütungen ist das Niveau der Löhne und<br />
Gehälter der Fachkräfte. Sie haben also festgestellt,<br />
dass die Höhe der Ausbildungsvergütungen sich auch in<br />
Wir brauchen sie, damit auch unsere Gesellschaft<br />
weiterhin innovativ ist.<br />
nicht tariflich gebundenen Bereichen am Niveau der allgemein<br />
gezahlten Löhne und Gehälter orientiert. Gegenüber<br />
den Fachkräften in der Wirtschaft verdienen Auszu-<br />
(Beifall bei der SPD)<br />
bildende ungefähr ein Viertel, gegenüber Beschäftigten<br />
Deshalb sind wir auch dagegen, die einzelnen Ausbildungsordnungen<br />
auf der horizontalen Ebene noch stärker<br />
zu zerpflücken. Denken Sie nur einmal daran,<br />
welche Ausbildungsordnungen es mittlerweile im kaufmännischen<br />
Bereich gibt: Das geht vom Fitness- bis zum<br />
Sportkaufmann. Ich glaube, wir wären gut beraten, wenn<br />
wir bei der Debatte in den nächsten Monaten überlegten,<br />
im öffentlichen Dienst 28 Prozent und gegenüber denen<br />
im Handwerk 22 Prozent. Allein diese Feststellung<br />
macht schon deutlich, dass man mit der Forderung, die<br />
Ausbildungsvergütungen pauschal um 20 oder 30 zu<br />
kürzen, nicht weiterkommt. Im Gegenteil: Damit werden<br />
wieder einmal nur die Jugendlichen belastet. Diese Form<br />
der Politik sollten wir nicht mitmachen.<br />
wie wir die Kernberufe wieder stärken könnten.<br />
(Beifall bei der SPD)