Stenografischer Bericht: 114. Sitzung - Deutscher Bundestag
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Franziska Eichstädt-Bohlig<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 15. Wahlperiode – <strong>114.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 10389<br />
(A) Du hast versucht, das in der Rede zumindest anzudeuten. (Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE (C)<br />
Ich fände es gut, wenn wir alle ernst nähmen, dass es so GRÜNEN]: Die sollten Sie einmal lesen!<br />
einfach nicht ist.<br />
Dann würden Sie etwas verstehen!)<br />
Dann aber schon zu denen, die die Große Anfrage gestellt<br />
und den Antrag eingebracht haben. Ich habe bereits<br />
bei der Vorbereitung auf den heutigen Diskussionstermin<br />
gedacht: Das darf doch nicht wahr sein! Kollege<br />
Seehofer bescheinigt Ihrer Partei, dass Sie im Endeffekt<br />
Wahlversprechen machen, die ungefähr 100 Millionen<br />
Euro kosten.<br />
Andere Beispiele: „Umweltbericht 2002“, „Umweltpolitik<br />
– Erneuerbare Energien in Zahlen“, „Beschäftigungspotenziale<br />
einer dauerhaft umweltgerechten Entwicklung“.<br />
Das sind Beispiele von Fachpublikationen,<br />
die sehr ernst zu nehmen und für die Kommunikation<br />
mit der Gesellschaft sehr wichtig sind.<br />
(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE<br />
GRÜNEN]: Milliarden!)<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />
und bei der SPD)<br />
– Milliarden. Entschuldigung, ich war bei der falschen<br />
Größenordnung. – Da geht es um Steuergeschenke, Familiengeld,<br />
Kopfpauschalen usw. Im letzten Herbst oder<br />
im Dezember waren Sie im Vermittlungsausschuss zu<br />
feige, die Eigenheimzulage zu streichen. Sie sind bei der<br />
Entfernungspauschale eingeknickt.<br />
Ich will zu dem Thema kommen, um das es eigentlich<br />
geht. Insgesamt sind wir in einer Situation, in der es aufgrund<br />
der Kompliziertheit der Themen – es sind eben<br />
nicht Produkte, sondern politische Themen – sehr wichtig<br />
ist, dass sich die Politik mediale Instrumente in<br />
neuer Weise aneignet, mit denen sie mit der Gesellschaft<br />
kommunizieren kann. Außerdem stecken wir in einem<br />
(Ilse Falk [CDU/CSU]: Was hat das mit dem<br />
Werbeetat zu tun? – Weiterer Zuruf von der<br />
CDU/CSU: Wir reden über den Werbeetat!)<br />
Ich kann auch die Wohnungsbauprämie, den Agrardiesel<br />
und, und, und nennen. Bei allen großen Sparsummen<br />
knicken Sie ein und sind zu feige, die Auseinandersetzung<br />
mit der Gesellschaft zu suchen, weil Sie sich das<br />
politischen Transformationsprozess, der so intensiv und<br />
ernst ist, dass es besonders wichtig ist, mit der Gesellschaft<br />
zu kommunizieren, die Gesellschaft zu informieren<br />
und die Gesellschaft aufzuklären – das nicht nur mit<br />
Fachpublikationen, sondern auch mit Instrumenten zum<br />
Erreichen medialer Aufmerksamkeit, die die Menschen<br />
überhaupt erst an die Themen heranführen,<br />
wahltaktisch nicht trauen.<br />
(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE<br />
(B)<br />
Jetzt gehen Sie ganz mutig an ein Thema heran, bei<br />
dem es im Endeffekt um 6 Millionen Euro Differenz zu<br />
den Ausgaben geht, die Sie unter der Kohl-Regierung<br />
GRÜNEN]: Das ist modern! Das wissen die<br />
aber nicht!)<br />
sodass sie gegebenenfalls bereit sind, solche Fachpubli- (D)<br />
getätigt haben.<br />
kationen ernsthaft zur Kenntnis zu nehmen und sich<br />
(Bernhard Kaster [CDU/CSU]:<br />
150 Millionen!)<br />
auch selbst dem Transformationsprozess zu stellen. Sie<br />
wissen sehr genau, dass wir ohne solche Instrumente<br />
dem Politikverdruss eher weiteren Vorschub leisten.<br />
Bei aller Liebe, Kollege Kaster: Es waren unter Ihrer Regierung<br />
80,2 Millionen Euro – jetzt bin ich wieder im<br />
Bereich von Millionen; vorhin war es eindeutig der Bereich<br />
von Milliarden – und unter unserer Regierung liegt<br />
die Summe bei 86,7 Millionen Euro. Insofern sind das<br />
6,5 Millionen Euro mehr. Wir haben die Ausgaben für<br />
den Bereich zwischendurch deutlich gesenkt. Sie behaupten,<br />
das sei transferiert worden. Das entspricht nicht<br />
den Tatsachen. Wir haben das dann auf das genannte Volumen<br />
angehoben. Alles andere ist von Ihnen schlicht<br />
zusammengesucht.<br />
Wir haben intensive Diskussionen: Rentenreform,<br />
Gesundheitsreform, Umwelt- und Naturschutz, Energiewende,<br />
Steuerreform, gesunde Ernährung usw. Wir<br />
haben ein sehr großes Spektrum an Themen. Wenn Sie<br />
meinen, dass wir angesichts dessen Werbepolitik wie in<br />
den 50er-Jahren machen können, dann haben Sie die<br />
Zeichen der Zeit nicht erkannt. Selbstverständlich steht<br />
die politische Kommunikation in Konkurrenz zu den<br />
modernen Werbekommunikationsbotschaften, die privatwirtschaftliche<br />
Akteure in die Gesellschaft hineintragen.<br />
Dem müssen wir uns stellen. Dem müssen auch Sie<br />
(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE<br />
GRÜNEN]: Genau!)<br />
sich stellen. Um es ganz praktisch zu sagen: Dazu gibt es<br />
auch ein Instrument. Oppositionsfraktionen haben einen<br />
erhöhten Etat, damit sie auch ihrerseits intensiver mit der<br />
Sie haben sich insbesondere über die Fachpublika- Gesellschaft kommunizieren können.<br />
tionen unseres Ministers Trittin beschwert.<br />
(Otto Fricke [FDP]: 10 Prozent!)<br />
(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-<br />
NEN]: Wunderbare Sachen sind das!)<br />
Ich habe es geschafft, mir in der Kürze der Zeit ein paar<br />
dieser Publikationen zu besorgen, und zeige sie Ihnen.<br />
„Aus Verantwortung für die Zukunft – Umweltpolitik als<br />
Letzte Bemerkung, Kollege Fricke: Die Kommunikation<br />
ausschließlich der Presseberichterstattung und<br />
dem Fernsehen zu überlassen würde ich für äußerst gefährlich<br />
halten. Es wäre die Bankrotterklärung der Politik,<br />
wenn sie sich völlig dem Windchen ausliefern<br />
globale Herausforderung“ – ist das aus Ihrer Sicht eine müsste, das die Medien machen, die natürlich ihre eige-<br />
Fachpublikation oder steht darin nur dummes Genen Interessen verfolgen, wenn es darum geht, was sie<br />
schwätz?<br />
der Gesellschaft mitteilen wollen.