26.10.2012 Aufrufe

Stenografischer Bericht: 114. Sitzung - Deutscher Bundestag

Stenografischer Bericht: 114. Sitzung - Deutscher Bundestag

Stenografischer Bericht: 114. Sitzung - Deutscher Bundestag

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Josef Philip Winkler<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 15. Wahlperiode – <strong>114.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 10373<br />

(A) Visionen, sehr selten Unsinn, meistens sehr positive (Günter Baumann [CDU/CSU]: Ihr müsst (C)<br />

Dinge. Deshalb sage ich auch: Petitionen sind Ausdruck<br />

dann auch mehr Lehren annehmen!)<br />

von Initiative, Kreativität und Verantwortung der Bürger.<br />

Darauf sage ich, Herr Baumann: Wir nehmen die Lehren<br />

durchaus an. Ich denke, die Zahl der gelösten Petitionen<br />

zeigt das auch.<br />

Ich will ein besonders interessantes Beispiel vortragen.<br />

Es geht um die Petition des Vaters einer schwerbehinderten<br />

Tochter. Der Vater hat dem Petitionsausschuss<br />

mitgeteilt, dass ihm bei der Beantragung von Pflegegeld,<br />

weil er die Tochter zu Hause pflegt, der Pflegepauschalbetrag<br />

nur dann gewährt wird, wenn er die Kosten mit<br />

Einzelbelegen nachweist. Weil er ein Kind und nicht<br />

einen älteren Angehörigen pflegt, bekommt er nicht den<br />

Pauschalbetrag, sondern muss alles Spitze auf Knopf<br />

nachweisen.<br />

Meine sehr geehrten Damen und Herren, solange in<br />

einer Demokratie Gesetze gemacht werden, werden auch<br />

Fehler gemacht, und solange Fehler gemacht werden,<br />

braucht eine Demokratie Bürgerinnen und Bürger, die<br />

den Gesetzgeber auf die Fehler aufmerksam machen.<br />

Herr Kollege Scheuer, die Opposition schafft das<br />

manchmal nicht ganz allein. „Das ist das Schöne an der<br />

Demokratie: Man muss sich nicht alles gefallen lassen“,<br />

schreibt die „Mitteldeutsche Zeitung“ in diesem Zusammenhang.<br />

Insofern kann man, einen anderen Anwurf aus<br />

der Opposition aufgreifend, auch sagen: Die Petenten,<br />

die sich an den <strong>Bundestag</strong> richten, sind die preiswertesten<br />

Politikberater, die man sich wünschen kann, und ersparen<br />

uns so manchen Euro.<br />

Die zunehmende Zahl von Massenpetitionen deutet<br />

darauf hin, dass immer mehr Menschen, die eigentlich<br />

die direkte Demokratie wollen, den Umweg über das Petitionsrecht<br />

nehmen, weil es derzeit in Deutschland<br />

keine Möglichkeit gibt, Volksentscheide durchzuführen,<br />

da die Union und die Mehrheit der FDP das entsprechende<br />

Gesetz abgelehnt haben. Auch hier wird sich das<br />

Rad der Geschichte noch weiter drehen und wir werden<br />

in dieser Wahlperiode einen erneuten Anlauf starten.<br />

Ich denke, es war richtig, dass wir vom Petitionsausschuss<br />

im Jahr 2002 parteiübergreifend die Bundesregierung<br />

und auch die Fraktionen aufgefordert haben, da Abhilfe<br />

zu schaffen. 2003 haben wir, wie ich durchaus mit<br />

Stolz verkünden kann, den Arbeitsauftrag als erfüllt ansehen<br />

können. Das Gesetz wurde geändert. Durch eine<br />

Änderung des Einkommensteuergesetzes mit dem Steuerrechtsänderungsgesetz<br />

2003 konnte dem Beschluss des<br />

Ausschusses in vollem Umfang entsprochen werden.<br />

Wir sehen auch Hinweise darauf, in welche Richtung<br />

wir die Gesetzgebung weiterentwickeln müssen. Man<br />

muss ganz klar sagen, dass wir gerade im Bereich der<br />

Kranken- und Rentenversicherung große Veränderungen<br />

vornehmen müssen, um das System, das wir richtig<br />

finden, zu erhalten. In diesem Bereich gehen die Eingaben<br />

sprunghaft in die Höhe. Aus unserer Sicht zeigt die<br />

Vielzahl der Petitionen, dass eigentlich ein neues System<br />

Ich habe diesen Petenten besonders herausgehoben, gefunden werden muss, eine Bürgerversicherung, damit<br />

weil er nicht nur für seinen Einzelfall eine Petition ge- die Krankenversicherung und die Rentenversicherung<br />

schrieben hat – seine Situation war ja schon schlimm auf stabile Grundlagen gestellt werden können.<br />

genug –, sondern weil er darum gebeten hat, das Problem<br />

generell auch für andere Familien, denen es ähnlich<br />

geht, zu lösen. Das haben wir jetzt geschafft und<br />

(Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Aber viele<br />

Petitionen besagen das Gegenteil!)<br />

(B)<br />

deshalb muss ich diesem Petenten stellvertretend für<br />

viele andere herzlich danken und ihm Respekt zollen.<br />

Ich will noch anfügen, dass insbesondere im Bereich<br />

Zuwanderungs- und Asylrecht eine große Anzahl von (D)<br />

(Beifall im ganzen Hause)<br />

Petitionen eingeht. Heute ist es offensichtlich zu einer<br />

endgültigen Einigung über ein Zuwanderungsgesetz ge-<br />

Man kann also sagen: Das Petitionsrecht ist eine Art kommen. Ich kenne die Inhalte leider noch nicht ganz.<br />

Sauerstoffkur für die Demokratie. Für diese Kur gebührt Eines ist aber sicherlich nicht enthalten, nämlich eine<br />

auch Dank. Ich schließe mich namens der Fraktion Bleiberechtsregelung für Hunderttausende von Men-<br />

Bündnis 90/Die Grünen dem Dank der anderen Fraktionen<br />

ausdrücklich an und bedanke mich insbesondere bei<br />

dem Ausschussdienst der Fraktionen, aber natürlich<br />

auch bei dem des Deutschen <strong>Bundestag</strong>es. Stellvertretend<br />

möchte ich namentlich Herrn Dr. Rakenius, den<br />

Leiter der Unterabteilung Petitionen und Eingaben, und<br />

schen, die sich seit langem hier aufhalten. Es ist sehr bedauerlich,<br />

dass das nicht erreicht werden konnte. So werden<br />

wir auch aus diesem Bereich noch lange viele<br />

Petitionen bekommen. Ich finde, es ist schade, dass das<br />

in diesem Gesetzgebungsverfahren nicht mit gelöst<br />

wurde.<br />

Herrn Finger, den Leiter des Sekretariats, nennen, die<br />

beide hier Platz genommen haben. Herzlichen Dank!<br />

Zum Schluss:<br />

(Beifall im ganzen Hause)<br />

Der eine wartet, dass die Zeit sich wandelt. Der andere<br />

packt sie kräftig an und handelt.<br />

So sagte Dante. Insofern, liebe Bürgerinnen und Bürger:<br />

Handeln Sie! Schicken Sie uns Petitionen, womöglich<br />

auch per E-Mail! Dann handeln wir und versuchen, alles<br />

zu tun, um Ihren berechtigten Anliegen zum Erfolg zu<br />

verhelfen, und das, wenn es irgend geht, liebe Kolleginnen<br />

und Kollegen im ganzen Haus, einheitlich und parteiübergreifend.<br />

Herzlichen Dank.<br />

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />

und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der<br />

CDU/CSU und des Abg. Dr. Karlheinz<br />

Guttmacher [FDP])

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!