Stenografischer Bericht: 114. Sitzung - Deutscher Bundestag
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Gabriele Hiller-Ohm<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 15. Wahlperiode – <strong>114.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 10329<br />
(A) und – ich zitiere aus dem Entschließungsantrag der (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- (C)<br />
FDP – „den eingeschlagenen Kurs der einseitigen politi- SES 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der<br />
schen Steuerung des Konsums zu beenden“.<br />
CDU/CSU – Hans-Michael Goldmann [FDP]:<br />
Stimmt doch gar nicht!)<br />
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Sie brauchen<br />
meine Rede nicht vorwegzunehmen!)<br />
Sie lehnen Eingriffe in das Marktgeschehen und Werbeeinschränkungen<br />
kategorisch ab. Der Markt wird es<br />
schon richten, meinen Sie. Tut er aber nicht, meine Damen<br />
und Herren!<br />
(Lachen bei der CDU/CSU)<br />
In Bezug auf die Übergewichtsproblematik gibt es zurzeit<br />
nämlich überhaupt keine Markteinschränkungen.<br />
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das stimmt<br />
doch überhaupt nicht!)<br />
Wir haben aber das Problem der Fehlernährung.<br />
An dieser Stelle, meine Damen und Herren von der<br />
FDP und der CDU/CSU, kommen Sie uns stets mit dem<br />
mündigen Bürger, der selbst entscheiden könne, was für<br />
ihn gut sei.<br />
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Der hat das<br />
Vertrauen in Ihre Partei verloren!)<br />
Ich frage Sie, meine Damen und Herren von der Opposition:<br />
Kennen Sie die neuesten Ergebnisse der Stiftung<br />
Warentest zu Kinderlebensmitteln nicht? Kein einziges<br />
der getesteten Produkte hält, was es verspricht.<br />
(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Ich würde das<br />
Essen verbieten!)<br />
Was die Werbung hier gerade in Bezug auf unsere Kinder<br />
macht, hat mit einer seriösen, verantwortungsvollen<br />
Produktinformation nicht im Geringsten etwas zu tun.<br />
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/<br />
DIE GRÜNEN)<br />
Um die richtigen Kaufentscheidungen fällen zu können,<br />
müssen die notwendigen Informationen bereitgestellt<br />
werden. Das ist doch klar. Wir hatten deshalb ein<br />
Verbraucherinformationsgesetz vorgelegt.<br />
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Haben wir<br />
auch!)<br />
Sie torpedieren es, weil es Unternehmen finanziell zu<br />
sehr belasten könnte.<br />
So, meine Damen und Herren von der Opposition, sieht<br />
Ihr Engagement für die Verbraucherinnen und Verbraucher<br />
in Wahrheit aus. Wenn es zum Schwur kommt,<br />
kneifen Sie.<br />
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/<br />
DIE GRÜNEN)<br />
Frau Ministerin Künast setzt in der neuen Ernährungsbewegung<br />
auf freiwillige Selbstverpflichtung seitens<br />
der Wirtschaft.<br />
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ernährungsplattform<br />
klingt besser!)<br />
Wir unterstützen dies ganz ausdrücklich. Ich hoffe sehr,<br />
meine Damen und Herren, dass dieses Konzept aufgehen<br />
wird.<br />
(Dr. Hermann Kues [CDU/CSU]: Luftnummer!)<br />
Doch die Kaufentscheidungen der Verbraucherinnen und<br />
Ich bin aber ein wenig skeptisch, denn verantwortliches<br />
Handeln seitens der Lebensmittelindustrie und der Werbewirtschaft<br />
hörte bisher sehr oft dann auf, wenn es um<br />
Verbraucher sind natürlich auch eng mit der Angebots- den Profit ging. Ich nenne ein Beispiel: Die Hemmseite<br />
und mit der Vermarktung der Produkte verknüpft. schwelle zum Alkoholkonsum bei Kindern und Jugend-<br />
(B)<br />
Ich greife als Beispiel nur einmal das Thema Kinderlebensmittel<br />
heraus. Wir fordern in Bezug auf die<br />
Bewerbung von Kinderlebensmitteln Klarheit und Wahrheit.<br />
Sie lehnen Werbeeinschränkungen bei Kinderlebensmitteln<br />
ab.<br />
lichen wird durch kind- und jugendgerecht aufgemachte<br />
alkoholhaltige Süßgetränke, so genannte Alcopops,<br />
deutlich gesenkt. Die Verantwortlichen stört es ganz offensichtlich<br />
nicht, dass Deutschlands Kinder beim Alkoholmissbrauch<br />
schon heute den traurigen vierten Platz in<br />
Europa einnehmen.<br />
(D)<br />
(Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Pfui! –<br />
Zuruf von der CDU/CSU: Das ist doch nicht<br />
wahr!)<br />
Natürlich haben Menschen in unserem Land die freie<br />
Wahl, das zu kaufen, was sie wollen, doch wir dürfen dabei<br />
den Einfluss der Werbung nicht außer Acht lassen.<br />
Jeder weiß doch, was von der Werbung zu halten ist, argumentieren<br />
Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der<br />
Opposition.<br />
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Meinen Sie<br />
jetzt Ihre Plakate?)<br />
Doch der starke Einfluss der Werbung wird inzwischen<br />
noch nicht einmal mehr von der wirtschaftsnahen Zeitung<br />
„Die Welt“ in Zweifel gezogen. Nach Bekanntwerden<br />
der jüngsten WHO-Schätzungen zum Übergewicht<br />
schreibt sie von einer Werbemaschinerie, die Kinderhirne<br />
impft und Kinder unentwegt zum Verzehr eigentlich<br />
ungesunder Lebensmittel verleitet.<br />
Wir brauchen eine neue Ernährungsbewegung in<br />
Deutschland. Wir brauchen aber auch eine neue Werteorientierung,<br />
die den Menschen und nicht vorrangig die<br />
Interessen der Wirtschaft in den Mittelpunkt stellt. Kommen<br />
wir unserer Verantwortung nach.<br />
Danke schön.<br />
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/<br />
DIE GRÜNEN)