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Diplomarbeit zu Temelin & Melker Prozess - Plage

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österreichischen Bundesregierung hatten. Jedoch hat der Druck der Öffentlichkeit in den<br />

meisten Fällen <strong>zu</strong> einem Einlenken geführt.<br />

Nun möchte ich <strong>zu</strong>m dritten und letzten Abschnitt dieses Kapitels kommen, und der<br />

Frage der politischen Kultur in Tschechien nachgehen.<br />

Der Bereich politische Kultur geht eng einher mit der Frage nach der Existenz von civil<br />

society. Obwohl 1989 demokratische Strukturen in Tschechien geschaffen wurden,<br />

bedeutete das noch nicht, dass die Bevölkerung und die politischen Akteure<br />

demokratisches Gedankengut verinnerlicht hätten. Während des Kommunismus wurden<br />

Bürger, die Regierungsentscheidungen in Frage stellten, bestraft. Es bestand damals<br />

keine Verbindung zwischen Bürgern und dem Staat – es sei denn durch die<br />

kommunistische Partei. Interessenartikulation fand lange Zeit nicht statt. Es fehlte das<br />

Bindeglied zwischen dem Staat und dem einzelnen Bürger. In einem Artikel von Evans<br />

und Whitefield aus 1993 versuchen sie die Politikverdrossenheit und politische Apathie<br />

der Bürger in den ehemaligen Ostblockstaaten unter anderem mit dem „missing middle<br />

approach“ <strong>zu</strong> erklären. Das Fehlen von Mezzo-Strukturen (bürgerliche Mittelklasse,<br />

Gewerkschaften, Wirtschaftsverbände, NGOs) verhinderte die Formation sozialer<br />

Identität, die für die politische Interessensartikulation notwendig ist. In einer Befragung,<br />

die in der CSFR durchgeführt wurde, stellte sich heraus, dass die Befragten<br />

Schwierigkeiten hatten ihr Land in das politische Rechts-Links-Kontinuum<br />

ein<strong>zu</strong>ordnen. Ebenso waren sie unfähig wirtschaftliche Maßnahmen mit Ideologie <strong>zu</strong><br />

verbinden. Die Bürger fühlten sich nicht verantwortlich oder von etwaigen<br />

Vermittlerorganisationen berührt, und waren unwillig sich politisch <strong>zu</strong> engagieren.<br />

(Evans/Whitefield 1993, 527)<br />

Das waren die Vorausset<strong>zu</strong>ngen mit denen sich der Großteil der Tschechen Ende der<br />

1980er Jahre auf den Weg in Richtung Demokratie machte. Es ist schwierig diese<br />

politische Kultur innerhalb weniger Jahre <strong>zu</strong> ändern. Während der Transformation<br />

waren wirtschaftliche Probleme dringlicher, aber auch jetzt sind die Mitgliedschaften in<br />

Parteien oder NGOs noch immer niedrig (Axelrod 1999, 293).<br />

Darüber hinaus ist die Unwilligkeit Verantwortung <strong>zu</strong> übernehmen – ebenfalls ein Erbe<br />

des Kommunismus – ein andauerndes Problem (ebd.). Dies haben auch die<br />

österreichischen Verhandler und Experten festgestellt. Dies machte Evaluierungen und<br />

Analysen in <strong>Temelin</strong> oder auch in Bohunice schwer, da sich niemand verantwortlich<br />

fühlte (Loidl, Interview, 23.07.2003).<br />

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