Diplomarbeit zu Temelin & Melker Prozess - Plage
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Tschechien keineswegs so gut gemeint ankamen, wie sie gedacht waren. Gerade jene<br />
Teile der politischen und wirtschaftlichen Akteure, die die Kernenergie unterstützten,<br />
waren für die österreichischen Angebote nicht empfänglich. Die tschechischen<br />
Regierungen könnten diese finanziellen Angebote als eine Art Entwicklungshilfe eines<br />
reichen westlichen Landes für einen armen Ostblockstaat empfunden haben. Diese<br />
etwas polemische Beschreibung bringt jedoch das Problem, meiner Meinung nach, auf<br />
den Punkt. Ich vermute, dass sich die Tschechen durch jedes weitere Angebot in ihrer<br />
neuen Eigenstaatlichkeit gekränkt fühlten. Davon abgesehen machten die Absagen an<br />
Österreich klar, dass es keinen Partner für solche Ausstiegsangebote gab (Böckle,<br />
Interview, 10.07.2003).<br />
Im Februar 1993 kam es <strong>zu</strong> einem Treffen zwischen den tschechischen<br />
Wirtschaftsministern und einer Delegation aus dem BKA. Ergebnis war, dass die<br />
Tschechen versprachen das österreichische Angebot <strong>zu</strong>r fachlichen Hilfe bei der<br />
Umrüstung <strong>Temelin</strong>s in ein Gaskraftwerk <strong>zu</strong> prüfen. Premierminister Klaus meinte aber<br />
am Ende des Treffens, das alles für eine Fertigstellung spräche. (OÖN, 11.02.1993) Zur<br />
gleichen Zeit forderte die Weltbank eine Plausibilitätsstudie <strong>zu</strong> <strong>Temelin</strong>, die die<br />
Sinnhaftigkeit des Weiterbaus prüfen sollte. Abermals wurde ein Termin für eine<br />
endgültige Entscheidung bekannt gegeben: der 10. März 1993.<br />
Nachdem das Thema mehrmals in den Fachministerrunden erörtert worden war,<br />
stimmte im März das tschechische Kabinett dem Weiterbau <strong>Temelin</strong>s endgültig <strong>zu</strong>.<br />
Umweltminister Benda wollte die Entscheidung bis <strong>zu</strong>r Verabschiedung eines Gesetzes,<br />
das die Nut<strong>zu</strong>ng der Kernenergie regelt, hinausschieben. Letztlich beeinflusste auch das<br />
Angebot der Firma Westinghouse sowie ein amerikanischer Kredit im Falle der<br />
Auftragsterteilung an Westinghouse die Entscheidung (Schwischei 1993, 9). Die<br />
Finanzierung <strong>Temelin</strong>s geschah durch eigene Gelder und ausländische Kredite – jedoch<br />
nicht durch Kredite der Weltbank, EURATOM oder der EBWE.<br />
Nach der Entscheidung kam es <strong>zu</strong> außenpolitischen Differenzen zwischen<br />
Bundeskanzler Vranitzky und Premierminister Klaus. Vaclav Klaus hatte die<br />
österreichischen Proteste als eine Einmischung in innere Angelegenheiten bezeichnet.<br />
Umweltministerin Rauch-Kallat kündigte bei fehlender Gesprächsbereitschaft<br />
Sanktionen an. (OÖN, 15.03.1993) Bei einem Treffen mit Österreichs Präsident<br />
Thomas Klestil in Wien meinte der tschechische Präsident Havel <strong>zu</strong>r Entscheidung der<br />
Regierung, dass <strong>Temelin</strong> ein Erbe einer vergangenen Ära sei, und heute eine Ent-<br />
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