Diplomarbeit zu Temelin & Melker Prozess - Plage
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verschmut<strong>zu</strong>ng durch die Kohlekraftwerke der Kernenergie nicht abgeneigt. Josef<br />
Toman, Sprecher des tschechischen Verbands der Naturschützer, forderte in einem<br />
Profil Interview im April 1990 folgendes: „Wir brauchen die Atomkraft, um die<br />
Kohlekraftwerke stilllegen <strong>zu</strong> können.“ (Toman 1999, in: Czeitschner, 78). Wie wir<br />
heute wissen wurden die Kohlekraftwerke trotz <strong>Temelin</strong> nicht geschlossen.<br />
Mitte 1990 gab es Gerüchte, dass doch jeweils vier Reaktoren in <strong>Temelin</strong> und<br />
Mochovce entstehen sollten (OÖN, 21.05.1990). Als absehbar wurde, dass die CSFR<br />
aus finanziellen Gründen <strong>zu</strong> diesem Zeitpunkt nicht auf die Kernenergie verzichten<br />
würde, fasste die Bundesregierung eine Kreditvergabe an die CSFR näher ins Auge.<br />
Schließlich gab der damalige Außenminister Mock (ÖVP) bekannt, dass das Land acht<br />
Milliarden Schilling (ca. 580 Millionen Euro) als Kredit erhalten sollte (OÖN,<br />
22.05.1990). Die Grünen hielten jedoch 20 Milliarden Schilling (ca. 1,4 Mrd. Euro) für<br />
notwendig – was wahrscheinlich einer realistischen Einschät<strong>zu</strong>ng näher kam. Die<br />
Kosten dafür sollten über eine Erhöhung des Benzin- und Strompreises gedeckt werden.<br />
Auch wurde über Ersatzstromlieferungen in die CSFR nachgedacht, die einen Ausstieg<br />
aus der Kernenergie ermöglichen sollten.<br />
Der tschechische Umweltminister Moldan (ODS) zeigte sich ebenso besorgt über die<br />
Ausbaupläne von <strong>Temelin</strong>, die von der Prager Atomkraftwerksbehörde angekündigt<br />
worden waren. Es sollten weitere 36 Reaktoren gebaut werden. Warum man solche<br />
Pläne verlauten ließ, bleibt bis heute ein Rätsel. Die finanziellen Ressourcen für einen<br />
solchen Ausbauplan oder auch nur den Bau von vier Reaktoren in <strong>Temelin</strong> waren<br />
einfach nicht vorhanden (Molin, Strasky, Interviews, 2003). Moldan stellte eine<br />
Volksabstimmung über den Ausbau oder die Reduzierung des KKW <strong>Temelin</strong> in der<br />
CSFR in Aussicht. Moldan, ein überzeugter Kernenergiegegner, wollte das Problem mit<br />
direktdemokratischen Mittel lösen – abseits von Parlament und Regierung, deren<br />
Entscheidung ungewiss war (OÖN, 01.06.1990). Zu diesem Zeitpunkt standen in der<br />
CSFR auch die ersten freien Parlamentswahlen vor der Tür. Im Gegensatz <strong>zu</strong> späteren<br />
Jahren war Kernenergie ein Wahlkampfthema (Strasky, Interview, 10.09.2003). Die<br />
Kernenergie wurde stark mit dem Kommunismus assoziiert, und so standen die<br />
Chancen nicht schlecht mit diesem Thema Wählerstimmen <strong>zu</strong> gewinnen oder auch <strong>zu</strong><br />
verlieren.<br />
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