Diplomarbeit zu Temelin & Melker Prozess - Plage
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ÖVP Obmann Riegler ließ etwa <strong>zu</strong> selben Zeit mit einem ungewöhnlichen Vorschlag<br />
aufhorchen. Im Falle einer sofortigen Stilllegung von Bohunice sollte Österreich der<br />
CSFR sofort Ersatzstrom in der Höhe von drei Milliarden Schilling (ca. 218 Millionen<br />
Euro) <strong>zu</strong> Verfügung stellen. Weiters forderte er eine Volksabstimmung in der über eine<br />
Steuer entschieden werden sollte, die die Stillung von weiteren gefährlichen Reaktoren<br />
in der Nachbarschaft finanzieren sollte (OÖN, 07.01.1990). Der Betrag für die<br />
Ersatzstromlieferungen sollte aus dem Bundesbudget finanziert werden. Dieser<br />
Vorschlag löste jedoch wenig Begeisterung aus. Die Beschaffung der<br />
Ersatzstromlieferungen hätte <strong>zu</strong> einem Teil aus Importen – darunter womöglich auch<br />
Atomstrom aus Frankreich – gedeckt werden müssen (ebd.).<br />
Auch der Vorschlag einer „Ausstiegssteuer“ fand bei SPÖ, FPÖ und Industriellenvereinigung<br />
keine Zustimmung. Bundeskanzler Vranitzky gab <strong>zu</strong> Bedenken, dass<br />
Österreich unmöglich langfristig als einziges Land den Ausstieg aus der Kernenergie<br />
finanzieren könne (OÖN, 08.01.1991). Einzig die Grünen begrüßten den Vorschlag der<br />
ÖVP.<br />
Die tschechoslowakische Botschafterin in Österreich machte klar, dass die CSFR aus<br />
wirtschaftlichen Gründen an der Kernenergie festhalten werde. Ende Jänner 1991 fand<br />
ein Gipfel zwischen Calfa und Vranitzky bezüglich des erwähnten Fünf-Punkte-<br />
Programms für die CSFR statt. Die Ergebnisse dieses Gipfels waren jedoch bescheiden.<br />
Hauptgesprächsthema war die Suche nach Möglichkeiten für den Ersatz von Bohunice.<br />
Calfa äußerte sich, in Hinblick auf die österreichischen Vorschläge, jedoch skeptisch, da<br />
Bohunice einem Achtel des österreichischen Stromaufkommens entsprach. (OÖN,<br />
30.01.1991) Calfa versprach das Angebot <strong>zu</strong> prüfen. Die FPÖ wandte sich vor dem<br />
Gipfel ausdrücklich gegen Stromlieferungen an die CSFR, da das Land selbst genügend<br />
Kapazitäten habe (ebd.). Insgesamt wurde jedoch klar, dass die CSFR nicht so einfach<br />
bereit war auf ihr Atomprogramm <strong>zu</strong> verzichten.<br />
Ab dem Frühjahr 1991 konzentrierte sich der österreichische Protest wieder auf<br />
<strong>Temelin</strong>. Umweltminister Dejmal (OF) stellte fest, dass der Bau von <strong>Temelin</strong> nicht<br />
gestoppt werden könne, „(…) obwohl wir das gern machen würden.“ (Dejmal 1991, in:<br />
OÖN, 29.04.1991). Als Grund nannte er die Umweltschäden im Norden des Landes, die<br />
durch die Kohlekraftwerke hervorgerufen wurden.<br />
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