Evaluation eines strukturierten ... - Dr. Thomas Weiss
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Die körperliche Einschränkung führt in Folge zu Fehlhaltungen und Überlastungen, so dass<br />
erneut Schmerz und Muskelverspannungen resultieren. Empirische Unterstützung für einen<br />
Zusammenhang zwischen chronischem Schmerz und respondentem Lernen liefern Studien,<br />
die auf eine Verknüpfung von Vermeidungsverhalten, antizipatorischer Angst und Immo-<br />
bilität hinweisen. Verfahren, die an diesem Schmerz-Anspannungs-Schmerz-Kreislauf an-<br />
setzen, wie Entspannungsverfahren oder Biofeedback, berücksichtigen sowohl physiologische<br />
Aspekte (Muskelanspannungen) wie auch psycho-logische Aspekte (Angst) des chronischen<br />
Schmerzgeschehens. Das Vermeiden sozialer Aktivitäten begünstigt und verstärkt eine de-<br />
pressive Stimmungslage, da zwar kurzfristig aversive Gefühle vermieden werden, es lang-<br />
fristig jedoch zu einem Verlust primärer Verstärkung wie Freude oder Ablenkung, die durch<br />
das Beisammensein mit anderen Menschen ausgelöst werden können, kommt. Die Bedeutung<br />
sozialer Unterstützung bei der Chronifizierung von Schmerzen und der Aufrechterhaltung<br />
chronischer Schmerzsyndrome ist derzeit noch nicht befriedigend erforscht. Zu unter-<br />
schiedlichen Aspekten sozialer Unterstützung liegen widersprüchliche Ergebnisse vor: So<br />
scheint im Rahmen der Behandlung chronischer Schmerzpatienten die Unterstützung der<br />
Familie wichtig (Jamison & Virts, 1990). Andere Autoren konnten dagegen keinerlei Einfluss<br />
des Ehepartners auf ein positives Ansprechen auf verschiedene Behandlungsformen aus-<br />
machen (Moore & Chaney, 1985). Auch die Rolle des Modelllernens bei der Ausbildung<br />
chronischer Schmerzsyndrome, die vielfach gehäuft in Familien auftreten, ist noch nicht<br />
geklärt. Zunehmend sind kognitive Aspekte bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von<br />
chronischem Schmerz in den Fokus schmerztherapeutischer Forschung gerückt: Der kognitiv-<br />
verhaltenstherapeutische Ansatz betrachtet außer den Zusammenhängen zwischen Verhalten<br />
und Lernvorgängen auch den Einfluss von Kognitionen wie Kenntnisse, Vorstellungen,<br />
Einstellungen, Erwartungen oder Bewertungen auf Schmerzerleben und Schmerzverhalten. So<br />
wird beispielsweise von „chronischen Schmerzpatienten (...) typischerweise vom Patienten<br />
ein Mangel an Kontrolle wahrgenommen, der wahrscheinlich auf den andauernden, aber nicht<br />
erfolgreichen Versuchen, den Schmerz zu kontrollieren, beruht (vgl. Turk & Rudy, 1986)“<br />
(zit. nach Flor, 1991, S. 53). In Folge kann sich eine negative Erwartungshaltung bezüglich<br />
der eigenen Fähigkeiten, auf den Schmerz Einfluss nehmen zu können, herausbilden, die<br />
wiederum Einfluss auf die Art und Weise, wie Behandlungsmöglichkeiten gesucht und ge-<br />
nutzt werden, nehmen kann usw. Gefühle von Unkontrollierbarkeit und Hilflosigkeit bilden<br />
sich heraus. Das Konzept der Gelernten Hilflosigkeit von Seligman (1975) kann in diesem<br />
Zusammenhang genannt werden und als ein mögliches Erklärungsmodell für die oft be-<br />
stehende depressive Verstimmtheit bei chronischen Schmerzpatienten dienen. Primäres<br />
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