Kritische Theorie der Krise - Rosa-Luxemburg-Stiftung
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Vergleichbarkeit eine zentrale Kategorie des Wettbewerbs dar. Nicht umsonst wird ohne Unterlass<br />
evaluiert, zweckrational normiert, werden Maßstäbe zur Steigerung des optimalen Werts<br />
von Effizienz geschaffen. Zwar wäre Kapitalismus ohne ein effizienzlogisches Denken kaum<br />
vorstellbar, mit dem Wegfall <strong>der</strong> Bipolarität des Blocksystems aber, mithin dem nunmehr ungehin<strong>der</strong>ten<br />
Siegeszug des Kapitalismus im Weltmaßstab, gab es einen zusätzlichen Schub an<br />
Ausformulierungen globaler Standards und Normierungen. Die damit verbundenen Vorstellungen<br />
von Durchschnitt und maßgeben<strong>der</strong> ordnung avancieren zu <strong>der</strong> Wertgröße, nach <strong>der</strong><br />
auf allen gesellschaftlichen Ebenen (nicht nur <strong>der</strong> ökonomischen) gehandelt werden soll. Standards<br />
und Normierungen werden dabei als identifizierbare Quanta gehandelt, die unter allen<br />
Umständen das Kriterium <strong>der</strong> Vergleichbarkeit garantieren und als solche nicht mehr hinterfragt<br />
werden sollen. Vergleichbarkeit als zentrale Kategorie im globalen Wettbewerb wird<br />
somit zu einer regelrechten ordnungsmacht, die für die ideologische Restrukturierung von<br />
zentralen gesellschaftlichen Bereichen geltend gemacht wird. 8 Dabei ist die Herstellung von<br />
Durchschnitten, wie sie sich beispielsweise im Zuge von benchmarking vollzieht, immer auch<br />
mit <strong>der</strong> Reduktion von Vielfalt und nicht etwa mit einem Zugewinn an Vielfalt und Differenz<br />
verbunden, obwohl <strong>der</strong> manipulativ vorgespiegelt und propagiert wird. Was früher noch unverhohlen<br />
als das konformistische Postulat <strong>der</strong> well-adjusted-people hochgehalten wurde, wird<br />
inzwischen hinter dem nicht min<strong>der</strong> konformistischen Augenschein von Vielfalt und Differenz<br />
real betrieben.<br />
Die prästabilisierten Bedingungen sind bekannt: Das <strong>der</strong> kapitalistischen Gesellschaft<br />
konstitutive Verhältnis <strong>der</strong> Subjekte zueinan<strong>der</strong> ist durchdrungen vom Tausch. Der Tausch<br />
abstrahiert von allen qualitativ beson<strong>der</strong>en Momenten, um zu einer abstrakten Vergleichbarkeit<br />
zu gelangen, die nur durch die quantitative Abmessung gewährleistet ist. Dieses die kapitalistische<br />
Gesellschaft immer schon strukturierende Moment überformt den Gebrauchswert,<br />
schafft im Tauschwert eine Vergleichbarkeit gesellschaftlich notwendiger Arbeitszeit<br />
in <strong>der</strong> Reduzierung auf rein quantitative Momente und vollzieht damit die tendenzielle Eliminierung<br />
jeglicher Beson<strong>der</strong>heit. Jedes konkret Einzelne wird im Tauschakt subsumiert,<br />
unter das Identitätsprinzip abstrakter Vergleichbarkeit gebracht.<br />
»<strong>Kritische</strong> <strong>Theorie</strong> bewegt sich in <strong>der</strong> Trümmerlandschaft, die <strong>der</strong> unvermeidliche Zerfall<br />
<strong>der</strong> klassischen ontologie objektiver Wahrheit hinterlassen hat. Nachdem sie auch den objektiven<br />
Ideologiebegriff relativiert hat, bleibt als Kompass zur Unterscheidung von bloßem<br />
Meinen, wahnhafter Projektion und Wahrheit nichts als die durch keine Autorität verbürgte<br />
negative Gewissheit, dass Wahrheit als bestimmte Negation des Falschen muss gedacht werden<br />
können.« 9<br />
8 Vgl. Elmar Altvater, Birgit Mahnkopf: Globalisierung <strong>der</strong> Unsicherheit. Arbeit im Schatten, schmutziges Geld und<br />
informelle Politik, Münster 2002, S. 52.<br />
9 Gerhard Schweppenhäuser: Das Glück »jenseits des Pedestren« und die Ehre <strong>der</strong> Fußgänger. Zu Adornos Wahrheitsbegriff,<br />
in: Zeitschrift für kritische <strong>Theorie</strong>, Heft 17, Lüneburg 2003, S. 33.<br />
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