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Kritische Theorie der Krise - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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Dass <strong>der</strong> Poststrukturalismus sich selbst von diesem epistemologischen Verhängnis offenbar<br />

ausnimmt, darf als seine eigene ideologische Beschränkung vermerkt werden. Von<br />

größerer Bedeutung ist jedoch, dass hier alles ununterscheidbar wird, vom Strom endloser<br />

Diskursivität erfasst, <strong>der</strong> we<strong>der</strong> gesellschaftliche Strukturen in ihrer Gewordenheit noch partikulare<br />

Interessen, die diesen Strukturen entstammen, kennt. Das Außerideologische selbst<br />

wird dabei verzehrt. Ideologiekritik ist aber auf einen normativen, transzendenten Wahrheitsanspruch<br />

angewiesen, ohne den ein Außerideologisches schlechterdings nicht zu haben wäre.<br />

Unwahr wird Ideologie erst im Verhältnis zum Bestehenden. Ideologiekritik als Methode<br />

hat es nach wie vor mit Aufdeckung von strukturell gebildeten vorherrschenden Verschleierungsformen<br />

und -prozessen zu tun, auch wenn <strong>der</strong> Verschleierungszusammenhang als ganzer<br />

irrational, mithin kaum noch rational durchdringbar geworden ist. »Der Ideologiebegriff ist<br />

sinnvoll nur, wenn er auf das Interesse <strong>der</strong> <strong>Theorie</strong> an <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> gesellschaftlichen<br />

Struktur bezogen bleibt. Er ist we<strong>der</strong> ein soziologischer noch ein philosophischer, son<strong>der</strong>n<br />

ein politischer Begriff.« 15 An diesem politischen Akzent knüpfen meine Ausführungen an,<br />

trotz Verschiebungen und Zerfallsprozessen des Ideologiebegriffs, um das Moment des<br />

»Noch-nicht-ganz« zur Geltung zu bringen und auf die nach wie vor drohende Tendenz, Ideologie<br />

überhaupt in Abrede zu stellen, hinzuweisen.<br />

15 Herbert Marcuse: Philosophie und kritische <strong>Theorie</strong>, in: <strong>der</strong>s.: Kultur und Gesellschaft I, Frankfurt am Main 1967,<br />

S. 107.<br />

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