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Kritische Theorie der Krise - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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an<strong>der</strong>en Ware zuwenig produziert werde. 19 Disproportionen und <strong>Krise</strong>n entstehen nur durch<br />

äußere Einwirkungen, etwa auch einer falschen Politik, die die Wirkungen des Marktes einschränkt.<br />

Nötig sei perfect liberty, seine Waren auf den Markt zu bringen, dann würde jedes<br />

Angebot eine Nachfrage finden. 20 Ganz in diesem Sinne ist Arbeitslosigkeit infolge wirtschaftlicher<br />

Stockungen für ihn vor allem eine Folge zu hoher Steuern. 21 Der Arme müsste<br />

ein Interesse daran haben, das Eigentum des Reichen zu verteidigen, weil ihm das ein permanentes<br />

Einkommen garantiere. 22<br />

Marxens Kritik <strong>der</strong> Ricardo-Sayschen Doktrin ist vor allem deshalb von Interesse, weil<br />

hier die enge Verbindung von <strong>Krise</strong>ntheorie und Gesellschaftstheorie deutlich wird. Was aus<br />

<strong>der</strong> Sicht des praktizierenden Kapitalisten Ricardo Zufall ist, kann Marx als etwas, das mit<br />

<strong>der</strong> grundsätzlichen Bewegungsweise <strong>der</strong> bürgerlichen Gesellschaft organisch verbunden ist,<br />

darstellen. Marx sieht dabei die Umverteilungen zwischen Kapital und Arbeit organisch verbunden<br />

mit <strong>der</strong> Bewegung des fixen Kapitals, also die Reproduktion <strong>der</strong> gegenständlichen<br />

Bedingungen des Produktionsprozesses. Die Kritik baut hier wie<strong>der</strong>um auf Marxens werttheoretischen<br />

Vorstellungen auf. Es ist nicht Gegenstand dieses Beitrages, die damit verbundenen<br />

Details zu entwickeln. Wesentlich ist jedoch, dass die Marxsche <strong>Krise</strong>nauffassung nicht<br />

aus einem Element seiner theoretischen Konzeption allein zu erklären ist. <strong>Krise</strong>nkritik und<br />

Gesellschaftskritik fallen bei Marx in wesentlichen Teilen zusammen: Die <strong>Krise</strong>, genauer: die<br />

Weltwirtschaftskrise, ist ihm Erscheinung aller Wi<strong>der</strong>sprüche <strong>der</strong> bürgerlichen Ökonomie. 23<br />

Allerdings zeigen uns die Auseinan<strong>der</strong>setzungen um die hier zur Debatte stehenden Auffassungen<br />

Says auch, welche wi<strong>der</strong>sprüchlichen Wege Kritik gehen kann. Neben Sismondi<br />

tritt Malthus als Kritiker <strong>der</strong> Annahmen Says und Ricardos auf. Formaler Ausgangspunkt für<br />

Malthus ist die Werttheorie. Er verwirft den arbeitswerttheoretischen Ansatz bei Ricardo und<br />

kommt zu <strong>der</strong> Schlussfolgerung, dass Profit nur durch einen Preisaufschlag entstehen könne.<br />

Um diesen zu bezahlen, sei eine Klasse nötig, die kauft ohne zu verkaufen, mithin wachsende<br />

unproduktive Konsumtion. Damit ist demnach, bei Fehlen dieser Konsumtion »von außen«,<br />

die Möglichkeit <strong>der</strong> Überproduktion und genereller <strong>Krise</strong>n gegeben. 24 Insofern legitimiert<br />

Malthus die Existenz des Großgrundeigentums, etwa <strong>der</strong> Kirche. Der tiefere Zweck <strong>der</strong> Kritik<br />

ist ein apologetischer, auch wenn ein Problem, das <strong>der</strong> Überproduktion und möglicher <strong>Krise</strong>n,<br />

erkannt und als dem Kapitalismus eigen anerkannt wird.<br />

19 Vgl. Jean Babtiste Say: Letters to Mr. Malthus, on several subjects of Political Economy, and on the cause of the<br />

stagnation of commerce, London 1821, S. 25.<br />

20 Vgl. ebenda, S. 26.<br />

21 Vgl. ebenda, S. 68, 74.<br />

22 Vgl. ebenda, S. 60.<br />

23 Vgl. Marx: <strong>Theorie</strong>n über den Mehrwert. Zweiter Teil, S. 508.<br />

24 Vgl. Marxens Analyse zur Frage <strong>der</strong> Überproduktion bei Malthus: Karl Marx: <strong>Theorie</strong>n über den Mehrwert, Dritter<br />

Teil, in: MEW 26.3., S. 35 ff.<br />

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