Didaktische Dimensionen der Erwachsenenbildung - Deutsches ...
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nicht behauptet werden, daß es in jedem Fall „greift“. Offensichtlich muß davon<br />
ausgegangen werden, daß jedes Erklärungsmodell, durch das die Interdependenz<br />
sozialer Faktoren rational erkennbar gemacht wird, gleichzeitig bewirkt,<br />
daß eine mehr o<strong>der</strong> weniger große Zahl an<strong>der</strong>er bekannter und unbekannter<br />
Faktoren ausgeschlossen wird. Dieser Sachverhalt macht es notwendig,<br />
niemals nur mit einem, son<strong>der</strong>n stets mit mehreren möglichen Erklärungsmodellen<br />
auf demselben Differenzierungsniveau zu arbeiten, um sich schließlich<br />
für eines davon zu entscheiden.<br />
Wenn <strong>der</strong> hier skizzenhaft dargestellte Sachverhalt als zutreffend angenommen<br />
wird, stellt sich die Frage, wie dieser Sachverhalt für die didaktische<br />
Reduktion genutzt werden kann. Die Antwort lautet, eine solche direkte didaktische<br />
Nutzung ist nicht möglich. Der Grund dafür ist folgen<strong>der</strong>: Der interdisziplinäre<br />
Wissenschaftsstand und <strong>der</strong> Standard des sozialen Handelns,<br />
so wie er umrissen wurde, stehen nur einer ganz kleinen Zahl von Fachleuten<br />
und professionellen Politikern zur Verfügung. Mit an<strong>der</strong>en Worten, dieser<br />
Standard ist irgendwo in den oberen Etagen <strong>der</strong> Hierarchie politischer Herrschaft<br />
in unserer Gesellschaft angesiedelt. Die stufenweise didaktische Vereinfachung<br />
müßte also die politische Herrschaftsstruktur miteinbeziehen. Das<br />
wäre nur möglich, wenn dem Didaktiker dasselbe Instrumentarium und dieselbe<br />
Faktorenkomplexität zur Verfügung stünden wie <strong>der</strong> oben erwähnten<br />
kleinen Zahl von Fachleuten und Politikern in zentralen Positionen. Das aber<br />
ist nicht <strong>der</strong> Fall.<br />
Wenn die direkte Nutzung <strong>der</strong> komplexen Datenmengen nicht möglich ist, stellt<br />
sich die Frage, auf welche an<strong>der</strong>e Weise <strong>der</strong> oben dargestellte Sachverhalt<br />
für die didaktische Reduktion von Bedeutung ist und welche an<strong>der</strong>en strukturellen<br />
Sachverhalte zur weiteren Klärung <strong>der</strong> Reduktionsproblematik herangezogen<br />
werden können.<br />
Der Didaktiker, in diesem Fall <strong>der</strong> Fachbereichsleiter einer Volkshochschule,<br />
wird sich überlegen müssen, auf welcher Ebene <strong>der</strong> Darstellbarkeit sozialstruktureller<br />
Interdependenzen und politischen bzw. sozialen Handelns er sinnvoller<br />
Weise tätig werden kann. Sich die Situation dessen zu vergegenwärtigen, <strong>der</strong><br />
die Nachrichten und Interpretationen <strong>der</strong> Massenmedien konsumiert, kann dabei<br />
hilfreich sein.<br />
Der Bürger X, <strong>der</strong> als Nichtbeamter ein abhängig Beschäftigter ist und nicht<br />
zu <strong>der</strong> kleinen Zahl bestinformierter und über zentrale Herrschaftsmittel verfügen<strong>der</strong><br />
Personen in dieser Gesellschaft gehört, kann mit den Informationen<br />
zur Arbeitsmarktlage und den dazu abgegebenen Interpretationen, die er den<br />
Massenmedien entnimmt, rational wenig bis gar nichts anfangen. Mit Bestimmtheit<br />
kann angenommen werden, daß die in Meldungen und Kommentaren<br />
verwendeten Begriffe wie „strukturelle Arbeitslosigkeit“, „konjunktureller Aufschwung“<br />
für ihn nichts inhaltlich Präzises enthalten. Die Situation des Bürgers<br />
X läßt sich demnach folgen<strong>der</strong>maßen kennzeichnen: Er ist ein Konsument<br />
von Sozialdaten, die aus Datensammlungen stammen, die er nicht kennt,<br />
und die mit an<strong>der</strong>en Daten in einem interdependenten Zusammenhang ste-