Didaktische Dimensionen der Erwachsenenbildung - Deutsches ...
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3 Kriterien <strong>der</strong> Programmplanung<br />
Dieses Modell ist zunächst analytisch und nicht programmatisch-normativ. Die<br />
Programmplanung erfolgt nach verschiedenen Kriterien, die sich ergänzen,<br />
aber auch wi<strong>der</strong>sprechen können. Eine Deduktion <strong>der</strong> Programmplanung aus<br />
einem einheitlichen Prinzip ist nicht möglich. Die Programmplanung kann als<br />
ein Spannungsfeld von potentiell divergierenden Kräften und Interessen dargestellt<br />
werden, wobei <strong>der</strong> pädagogische Mitarbeiter in <strong>der</strong> Lage sein muß,<br />
zwischen unterschiedlichen Erwartungen und Intentionen zu vermitteln. Wichtige<br />
Berufsqualifikationen des Erwachsenenpädagogen sind deshalb ein „Relationsbewußtsein“,<br />
d.h. die Fähigkeit, den Zusammenhang verschiedener Faktoren<br />
und die Abhängigkeit verschiedener Prozesse zu erkennen (H. Tietgens<br />
1978, 8), und eine Ambiguitätstoleranz, d.h. die Fähigkeit, unterschiedliche<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen auszuhalten. Dabei sollten die Kriterien – und nicht, wie es<br />
häufig geschieht, die Bedingungen – die Zielsetzung <strong>der</strong> Programmplanung<br />
bestimmen. Auch wenn die Rahmenbedingungen häufig die Realisierungsmöglichkeiten<br />
eines Programms einschränken, sollte ihnen keine „normative Kraft<br />
des Faktischen“ zugebilligt werden. <strong>Didaktische</strong>s Handeln ist zuerst den Bedürfnissen<br />
<strong>der</strong> Adressaten verpflichtet. Dennoch entsprechen die pädagogischen<br />
Maßgaben und Schwerpunkte nicht immer den manifesten Interessen<br />
<strong>der</strong> Teilnehmer. Erwachsene sind „Produkte“ einer Sozialisation, d.h., sie interessieren<br />
sich zunächst für das, was sie bereits kennengelernt haben und<br />
was in ihren Bezugsgruppen und in <strong>der</strong> Gesellschaft als wichtig und wünschenswert<br />
gilt. Man kann sich nicht für etwas interessieren, was man noch gar nicht<br />
kennt. Eine Programmplanung muß die artikulierten Interessen aufgreifen und<br />
somit eine Dienstleistung erbringen. Gleichzeitig erfüllt die Programmplanung<br />
aber auch eine Schrittmacherfunktion, indem sie modischen Trends „gegensteuert“<br />
(H. Tietgens 1979c, 143) und z.B. mehrfach solche Themen anbietet,<br />
für die auf Anhieb noch keine große Nachfrage besteht. Allerdings ist <strong>der</strong><br />
Erwachsenenpädagoge nicht ohne weiteres legitimiert, über die wahren Bedürfnisse<br />
an<strong>der</strong>er Menschen und Zielgruppen zu entscheiden. Wohl aber sollte<br />
er Angebote machen, die über das Gewohnte und Erwartete hinausgehen.<br />
Diese subjektiven Bildungsbedürfnisse müssen nicht mit dem gesellschaftlichen<br />
Bedarf an Bildungsangeboten identisch sein. Dieser Bedarf kann aus<br />
technisch-technologischen Entwicklungen, aber auch aus politischen und<br />
kulturellen Erfor<strong>der</strong>nissen abgeleitet werden. „Beim Bedarfsbegriff ist ein<br />
umfassen<strong>der</strong> (gesellschaftlicher Bedarf) und ein engerer Bedeutungsgehalt<br />
(ökonomischer Bedarf) zu unterscheiden. Bedarfsorientierung im ersteren Sinne<br />
hieße, daß Bildungspolitik die ,großen‘ gesellschaftlichen Ziele und Bedürfnisse,<br />
Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung, Chancengleichheit und<br />
Solidarität, Mitbestimmung und Kommunikation, Arbeit und Konsum (Freizeit)<br />
anstrebte“ (L.R. Reuter 1978, 7).<br />
Ein solcher gesellschaftlicher Bedarf an politischer Weiterbildung ergibt sich<br />
z.B. aus <strong>der</strong> zunehmenden Komplexität unserer Umwelt. Diese Komplexität