Didaktische Dimensionen der Erwachsenenbildung - Deutsches ...
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8 Ausblick<br />
„Meine These ist, daß wir – abgesehen von den ersten Lebensjahren – von<br />
<strong>der</strong> Idee <strong>der</strong> ,Kindlichkeit des Kindes‘ Abschied nehmen müssen, damit auch<br />
vom traditionellen Begriff von ,Erziehung‘, und daß wir gut daran tun, Kin<strong>der</strong><br />
wie<strong>der</strong> wie kleine, aber ständig größer werdende Erwachsene zu behandeln.<br />
Der Grund dafür liegt in einer Reihe von gesellschaftlichen Entwicklungen,<br />
die unumkehrbar sind und die Bedingungen und Voraussetzungen für die Idee<br />
<strong>der</strong> Kindlichkeit des Kindes haben zusammenbrechen lassen. Das wichtigste<br />
Ergebnis dieser gesellschaftlich-kulturellen Entwicklungen ist, daß <strong>der</strong> Anteil<br />
persönlich verantworteter Erziehung zurückgeht und zurückgehen muß zugunsten<br />
anonymer Sozialisationsprozesse, die insbeson<strong>der</strong>e über die Massenmedien<br />
und die Gleichaltrigengruppen funktionieren“ (GIESECKE, 1985,10).<br />
Diese These vom „Verschwinden <strong>der</strong> Kindheit“ (POSTMAN, 1983) ist nicht neu.<br />
Daß die Unterschiede zwischen den Lebensaltern zum bloß noch äußeren<br />
Merkmal werden durch die allgemeine Konsumentenhaltung, durch den Einfluß<br />
<strong>der</strong> Massenmedien, ist oft beklagt worden. Auch KADE (1983, 273) meint:<br />
„Damit setzt ein zweiseitiger Prozeß <strong>der</strong> Liquidierung von Kindheit und <strong>der</strong><br />
Infantilisierung <strong>der</strong> Erwachsenen ein, <strong>der</strong> den Lebenslauf als Ganzes verän<strong>der</strong>t,<br />
ohne daß eine neue Struktur schon hinreichend klar erkennbar wäre.“<br />
(„Die Auflösung des Erwachsenenbegriffs durch die Vermischung von Kindheit<br />
und Erwachsensein.“) Ebenso erhebt sich für TIETGENS (1984, 75) die<br />
Frage, „was <strong>Erwachsenenbildung</strong> angesichts <strong>der</strong> Sozialisationsprägungen<br />
bewirken kann“. Und KOHLI (1984, 140) stellt lapidar fest, daß <strong>Erwachsenenbildung</strong><br />
den Sozialisationsprozessen gegenüber „notwendig subsidiär“ sei.<br />
Für an<strong>der</strong>e dürfte diese These von <strong>der</strong> Übermächtigkeit <strong>der</strong> Sozialisationsprozesse<br />
eher Grund zur Hoffnung sein, denn die Tendenz zur „Pädagogisierung“<br />
fast aller Lebensbereiche und Lebensalter („Vom Uterus zum Exitus: die<br />
permanente Erziehung“ – wie es in <strong>der</strong> Vorankündigung zum Kursbuch 80 heißt!)<br />
ist nicht für alle ein Grund zur Freude!<br />
Man sollte dies alles mit einiger Gelassenheit vermerken; denn einerseits könnte<br />
ja die „Rettung <strong>der</strong> Kindlichkeit des Menschen“ vor dem Zwang zum möglichst<br />
schnellen Erwachsenwerden (vgl. das Phänomen <strong>der</strong> „Neotenie“ in <strong>der</strong> Biologie)<br />
auch Vorteile haben (vgl. etwa MONTAGU, 1984), an<strong>der</strong>erseits hat ja<br />
z.B. auch die Pädagogik die Argumente <strong>der</strong> Antipädagogik ernsthaft diskutiert<br />
und m.E. souverän pariert (vgl. FLITNER, 1985). Die <strong>Erwachsenenbildung</strong><br />
muß ja nicht zur Erwachsenenschule werden. Und vielleicht gelingt in<br />
<strong>der</strong> <strong>Erwachsenenbildung</strong>sdidaktik die subtile Balance von „Realitätsarbeit“ und<br />
„ldentitätsarbeit“, so daß die Bildungsprozesse nicht durch Sozialisationsprozesse<br />
überfremdet werden.<br />
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