Walter Johannes Steins
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wenn wir von uns selbst sprechen, auf unsern eigenen Leib<br />
und heben damit dies Stück Natur aus der übrigen Natur<br />
heraus. Aber wir können dabei nicht stehen bleiben. Wir erkennen,<br />
wie die Stoffe der Außenwelt sich zu unserem Leib<br />
gestalten. Im Stoffwechsel fließen diese Stoffe in unsere Leiblichkeit<br />
ein, metamorphosieren sich, werden ausgeschieden,<br />
und wir erkennen, daß wir zu den Stoffen, welche zu unserer<br />
Leiblichkeit sich gestalten, nicht länger «Ich» sagen können.<br />
Sobald wir dies bedacht haben, müssen wir das Ich in etwas<br />
anderem suchen. Nicht im Stoffe, den wir in der Zeit unseres<br />
Lebens der Mutter Natur im Ausscheidungsprozeß immer<br />
wieder zurückerstatten, nicht im Stoffe, den wir im Tode als<br />
Leichnam der Erde lassen müssen, liegt unser Ich. Wo also<br />
sollen wir es suchen? Die Stoffe selbst folgen chemischphysikalischen<br />
Gesetzen. Diese sind überall die gleichen, wo<br />
die Bedingungen, unter denen sie wirksam sind, sich vorfinden.<br />
Hier ist kein Individuelles. Nach denselben Gesetzen<br />
zerfallen allenthalben die Körper, welche als Leichnam ihre<br />
Form abstreifen und sich in die Natur auflösen. Aber zerbricht<br />
diese Form unwiderruflich? Ist sie nicht bewahrt in<br />
unseren Nachkommen? Kein Zweifel. Aber auch in der Abstammungslinie<br />
lebt die Form, welche die unsere ist, nur<br />
weiter, weil wir einer bestimmten Art zugehören. Unsere<br />
Nachkommen tragen wieder Menschenantlitz, ja es trägt sogar<br />
der Sohn individuelle Züge des Vaters, aber niemand<br />
sagt darum zu seinem Sohn «Ich», weil er die Form bewahrt<br />
und die Gestalt des Vaters mehr oder minder unverändert<br />
durch die Zeit trägt. Und obwohl niemand deshalb zu seinem<br />
[14] Sohn «Ich» sagt, verhält es sich doch auf einem anderen<br />
Gebiete so, daß wir etwas für uns selbst halten, weil es mehr<br />
oder minder unverändert etwas durch die Zeit trägt, was unserem<br />
wahren Selbst irgendwie verbunden ist, und das ist<br />
das Gedächtnis. Sage ich doch zu der Summe des Erlebten,<br />
die ich durch die Erinnerung mir bewahrt habe, «Ich». Und<br />
doch merke ich sofort, daß ich mich meinen Erinnerungen<br />
diese Schulung vgl. R. Steiner, «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren<br />
Welten» 1. Teil, S. 47 f. (12.-17. Tausend, Berlin 1919, Philosophisch-anthroposophischer<br />
Verlag, Berlin W., Motzstraße 17.)<br />
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