22.01.2013 Aufrufe

Walter Johannes Steins

Walter Johannes Steins

Walter Johannes Steins

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

letztere vielmehr selbst erst den Anstoß erhält. Womit anzufangen<br />

ist, das liegt außerhalb des Erkennens, das<br />

kann selbst noch keine Erkenntnis sein. Aber wir haben es<br />

u n m i t t e l b a r v o r dem Erkennen zu suchen, so daß schon<br />

der nächste Schritt, den der Mensch von demselben aus unternimmt,<br />

e r k e n n e n d e Tätigkeit ist 109 ).» Dieser nächste<br />

Schritt zerreißt aber die bis dahin, wo die erkennende Tätigkeit<br />

einsetzt, vorhandene Einheit des Weltbildes; zwischen<br />

Wahrnehmen und Denken führt die erkennende Tätigkeit<br />

den Schnitt. Dieser Schnitt ist notwendig, um die Welt zu<br />

erkennen; ich kann sie nicht erkennen, ohne diesen Schnitt<br />

zu vollführen, aber was kümmert es die Welt, wie ich organisiert<br />

bin, sie zu erkennen. Alle weitere Tätigkeit wird also<br />

darin bestehen, die so künstlich hervorgerufene Spaltung<br />

wieder zu überbrücken. «Die Wahrnehmung ist der Teil der<br />

Wirklichkeit, der objektiv, der Begriff derjenige, der subjektiv<br />

(durch Intuition .... ) gegeben wird. Unsere geistige Organisation<br />

reißt die Wirklichkeit in diese beiden Faktoren auseinander.<br />

Der eine Faktor erscheint dem Wahrnehmen, der andere<br />

der Intuition. Erst der Zusammenhang der beiden, die<br />

gesetzmäßig sich in das Universum eingliedernde [99] Wahrnehmung<br />

ist volle Wirklichkeit. Betrachten wir die bloße<br />

Wahrnehmung für sich, so haben wir keine Wirklichkeit,<br />

sondern ein zusammenhangloses Chaos; betrachten wir die<br />

Gesetzmäßigkeit der Wahrnehmungen für sich, dann haben<br />

wir es bloß mit abstrakten Begriffen zu tun. Nicht der abstrakte<br />

Begriff enthält die Wirklichkeit, wohl aber die denkende<br />

Beobachtung, die weder einseitig den Begriff, noch die<br />

Wahrnehmung für sich betrachtet, sondern den Zusammenhang<br />

beider 110 ).»<br />

Was die Wahrnehmung abgesehen davon sei, daß sie die<br />

eine Hälfte der Wirklichkeit ist, welche das Denken, als die<br />

andere Hälfte, zur vollen Wirklichkeit ergänzt – diese Frage<br />

stellte Goethe nicht. Er verlangt nicht mehr, als daß Wahrnehmung<br />

und Denken sich durchdringe und ergänze zu ei-<br />

109 «Die Grundfrage der Erkenntnistheorie» a. a. O. S. 20.<br />

110 R. Steiner, «Die Philosophie der Freiheit», 1894, S. 236; 1918, S. 258.<br />

98

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!