Walter Johannes Steins
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letztere vielmehr selbst erst den Anstoß erhält. Womit anzufangen<br />
ist, das liegt außerhalb des Erkennens, das<br />
kann selbst noch keine Erkenntnis sein. Aber wir haben es<br />
u n m i t t e l b a r v o r dem Erkennen zu suchen, so daß schon<br />
der nächste Schritt, den der Mensch von demselben aus unternimmt,<br />
e r k e n n e n d e Tätigkeit ist 109 ).» Dieser nächste<br />
Schritt zerreißt aber die bis dahin, wo die erkennende Tätigkeit<br />
einsetzt, vorhandene Einheit des Weltbildes; zwischen<br />
Wahrnehmen und Denken führt die erkennende Tätigkeit<br />
den Schnitt. Dieser Schnitt ist notwendig, um die Welt zu<br />
erkennen; ich kann sie nicht erkennen, ohne diesen Schnitt<br />
zu vollführen, aber was kümmert es die Welt, wie ich organisiert<br />
bin, sie zu erkennen. Alle weitere Tätigkeit wird also<br />
darin bestehen, die so künstlich hervorgerufene Spaltung<br />
wieder zu überbrücken. «Die Wahrnehmung ist der Teil der<br />
Wirklichkeit, der objektiv, der Begriff derjenige, der subjektiv<br />
(durch Intuition .... ) gegeben wird. Unsere geistige Organisation<br />
reißt die Wirklichkeit in diese beiden Faktoren auseinander.<br />
Der eine Faktor erscheint dem Wahrnehmen, der andere<br />
der Intuition. Erst der Zusammenhang der beiden, die<br />
gesetzmäßig sich in das Universum eingliedernde [99] Wahrnehmung<br />
ist volle Wirklichkeit. Betrachten wir die bloße<br />
Wahrnehmung für sich, so haben wir keine Wirklichkeit,<br />
sondern ein zusammenhangloses Chaos; betrachten wir die<br />
Gesetzmäßigkeit der Wahrnehmungen für sich, dann haben<br />
wir es bloß mit abstrakten Begriffen zu tun. Nicht der abstrakte<br />
Begriff enthält die Wirklichkeit, wohl aber die denkende<br />
Beobachtung, die weder einseitig den Begriff, noch die<br />
Wahrnehmung für sich betrachtet, sondern den Zusammenhang<br />
beider 110 ).»<br />
Was die Wahrnehmung abgesehen davon sei, daß sie die<br />
eine Hälfte der Wirklichkeit ist, welche das Denken, als die<br />
andere Hälfte, zur vollen Wirklichkeit ergänzt – diese Frage<br />
stellte Goethe nicht. Er verlangt nicht mehr, als daß Wahrnehmung<br />
und Denken sich durchdringe und ergänze zu ei-<br />
109 «Die Grundfrage der Erkenntnistheorie» a. a. O. S. 20.<br />
110 R. Steiner, «Die Philosophie der Freiheit», 1894, S. 236; 1918, S. 258.<br />
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