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Walter Johannes Steins

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Verhältnis zu dem übrigen Pflanzenreich untersuchen; und<br />

wie sie alle von der Sonne hervorgelockt und beschienen<br />

werden, so soll er mit einem gleichen ruhigen Blicke sie alle<br />

ansehen und übersehen und den Maßstab zu dieser Erkenntnis,<br />

die Data der Beurteilung nicht aus sich, sondern<br />

aus dem Kreise der Dinge nehmen, die er beobachtet 47 ).»<br />

Nicht der Ich-Verlust, die Entselbstung, sondern die<br />

Selbstlosigkeit ist die Methode Goethes. Und so klingt<br />

Naturwissenschaft aus dem Wesen Goethes anders. Goethe<br />

will sein Innenwesen nicht ganz ausschließen. Aber seine<br />

Eigenheit will er ausschließen. Nicht gegen das Ich, sondern<br />

gegen den Egoismus kämpft er. Nicht e r will urteilen, sondern<br />

die D i n g e sollen auf dem Schauplatz seines Innenwesens<br />

ihr Wesen s e l b s t aussprechen. «Ich», sagt er im Aufsatz<br />

«Die Natur», «sprach nicht von ihr. Nein, was wahr ist<br />

und was falsch ist, alles hat s i e gesprochen. Alles ist i h r e<br />

Schuld, alles i h r Verdienst.»<br />

Wirf dein Eigenwesen aus dir heraus und laß die Natur<br />

ihre Geheimnisse selbst aussprechen, das ist Goethes Meinung.<br />

Goethe erlebt in der Natur nicht die Stimmungen, welche<br />

aus seinen persönlichen Sorgen, Hoffnungen, Wünschen<br />

aufsteigen, sondern das alles bringt er zum Schweigen. Er<br />

will mit seinem Innenleben nur der Ort sein, wo Natur das<br />

offenbaren kann, was anderwärts zwar ist, o f f e n b a r aber<br />

nur in der menschlichen Seele [41] werden kann, wie die seelisch-geistigen<br />

Kräfte, welche in der Herbstlandschaft wirken,<br />

sich als seelisch-geistige nur auf dem Schauplatz der<br />

Menschenseele offenbaren. Dadurch gießt sich etwas über<br />

Goethes Naturbetrachtungen, das er mit den Worten ausspricht:<br />

«Wer Wissenschaft und Kunst besitzt» (er meint, wer<br />

diese beiden zur Einheit verbunden hat, indem er sie besitzt),<br />

«hat auch Religion 48 ).»<br />

47 Goethes Werke, Bd. XXXIV, S. 10-11<br />

48 Was hier mehr den Charakter eines bloß ideellen Verhältnisses von Ich<br />

und Natur hat, wird sich in seiner tieferen realen Bedeutung zeigen, aus<br />

dem, was S. 46 ff. ausgeführt ist.<br />

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