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Walter Johannes Steins

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ihm gemacht hat, ein Wesen, das von sich selbst nur ein<br />

Bild hat, ob der Mensch das Werk der Natur vollenden will,<br />

ob aus Bild ihm Wahrheit werden soll, das ist in seine Freiheit<br />

gestellt 64 ).<br />

Die Betrachtung der Natur als Naturwissenschaft<br />

und als Weg der inneren Entwickelung des<br />

Menschen.<br />

Die moderne Naturwissenschaft will die Natur erkennen.<br />

Auf die Natur, als auf ihr Erkenntnisobjekt ist ihr bewußter<br />

Erkenntniswille gerichtet. Goethe will durch die Betrachtung<br />

der Natur eine innere Entwickelung durchmachen, durch die<br />

er sich würdig macht, die Sprache der Natur zu vernehmen.<br />

Es ist seine Grundüberzeugung, daß alles, was uns nicht<br />

offenbar ist, deshalb sich vor uns verbirgt, weil wir in uns<br />

das Organ noch nicht erbildet haben, welches das Verborgene<br />

wahrnehmen könnte. In diesem Sinne läßt Goethe Faust<br />

sagen:<br />

«Die Geisterwelt ist nicht verschlossen,<br />

Dein Sinn ist zu, dein Herz ist tot!<br />

Auf, bade, Schüler, unverdrossen<br />

Die ird'sche Brust im Morgenrot!»<br />

[55]<br />

64 Wladimir Solovjeff hat diesen Gedanken so ausgesprochen (Wladimir<br />

Solovjeff, ausgewählte Werke, aus dem Russischen von Harry Köhler, Der<br />

Kommende Tag A.G., Verlag, Stuttgart. – Jena, 1914, S. 17): «An Gott glauben<br />

– heißt anerkennen, daß das Gute, wovon unser Gewissen zeugt, das<br />

wir im Leben suchen, das uns aber weder die Natur noch unsere Vernunft<br />

geben kann, daß dieses Gute dennoch ist, daß es auch ungeachtet unserer<br />

Natur und unserer Vernunft existiert, daß es etwas für sich selbst Bestehendes<br />

ist. Ohne diesen unseren Glauben müßten wir zugeben, daß das<br />

Gute nur eine täuschende Empfindung, oder ein von der menschlichen<br />

Vernunft willkürlich Erdachtes, d. h., daß es eigentlich gar nicht da sei.<br />

Das können wir aber moralisch nicht zugeben, denn wir selbst empfinden<br />

uns als sittliche Wesen, und unser ganzes Leben hat nur Sinn durch den<br />

Glauben an das wirkliche Gute, oder d a s G u t e a l s d i e W a h r h e i t .<br />

Wir müssen glauben, daß es von sich aus da ist, daß es wahrhaft die<br />

Wahrheit ist, denn wir müssen an Gott glauben. Dieser Glaube<br />

ist ein göttliches Geschenk und zugleich unsere eigene freie Tat.»<br />

54

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