Walter Johannes Steins
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«Die naturwissenschaftliche Vorstellungsart schließt aus allem,<br />
was sie betrachtet, dasjenige aus, was an dem Betrachteten<br />
durch das Innenwesen der Menschenseele erlebt wird.»<br />
Damit aber, daß die naturwissenschaftliche Vorstellungsart<br />
d i e s e Regel für die Ausschließung dessen angibt, was aus<br />
dem Weltbild heraus muß, weist sie auf d a s hin, was in ihrem<br />
Reich das Gegebene sein muß: ein völlig außerhalb des<br />
menschlichen Innenwesens Stehendes. Die Wissenschaft<br />
baut sich aber, sobald das Gegebene feststeht, lediglich dadurch<br />
auf, daß die ideellen Bezüge der einzelnen Gegebenheiten<br />
untereinander aufgesucht werden. Das Innenwesen<br />
des Menschen kann daher, weil es als Gegebenheit aus dem<br />
Weltbild ausgeschlossen worden ist, im weiteren Ausbau der<br />
Wissenschaft, wenn es überhaupt in ihr vorkommt, nicht als<br />
Innenwesen, sondern nur als ideeller Bezug von Gegebenheiten<br />
erscheinen, die völlig außerhalb desselben stehen.<br />
Es figuriert dann das Ich in der Wissenschaft lediglich als<br />
von außen Angeschautes, nicht von innen Erlebtes, verliert<br />
somit seine wesentliche Bestimmung. Das Ich als Wesen<br />
geht der Naturwissenschaft auf diese Art verloren. Aber nicht<br />
einmal von außen schaut die Naturwissenschaft das Ich.<br />
Denn um auf das Ich von außen zu schauen, muß man aus<br />
dem Ich heraustreten. Tut man das nicht und hat doch das<br />
Ich als Anschauung vor sich, so kann das Angeschaute nicht<br />
das wahre Ich, sondern nur ein Doppelgänger sein. Nun tritt<br />
die moderne naturwissenschaftliche Vorstellungsart aus dem<br />
Ich nicht wirklich heraus, befindet sich ihrem Objekt infolgedessen<br />
nicht als einem Erlebten, sondern nur als [39] einem<br />
Gedachten gegenüber. Die Welt, welche diese Vorstellungsart<br />
malt, ist also nicht die erlebte Sinnenwelt,<br />
sondern eine bloß gedachte, unwahrnehmbare Welt,<br />
die Wirklichkeit, d. h. E r l e b n i s , nur werden kann, wenn<br />
ihr Beschauer aus seinem Ich heraustritt und das für das<br />
gewöhnliche Bewußtsein bloß vorstellbare Ich vom Standpunkte<br />
eines höheren Bewußtseins zwar von a u ß e n ,<br />
nichtsdestoweniger aber in seiner i n n e r s t e n Wesenheit<br />
erlebt. Dieses Bewußtsein steht dem Ich zwar gegenüber,<br />
kriecht aber in dasselbe sozusagen hinein. Nannten wir die<br />
Tätigkeit, uns in ein anderes zu versenken, «Denken», so ist<br />
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