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Walter Johannes Steins

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Die zwei Wege, welche zum wahren Wesen der<br />

Natur führen.<br />

Unsere Betrachtungen haben ergeben, daß es zwei Ausgangspunkte<br />

und zwei Methoden gibt, um sich dem wahren<br />

Wesen der Natur zu nähern. Entweder man geht mit Goethe<br />

von der Sinnenwelt aus, öffnet sich ihr in einer gewissen<br />

Reinheit und Selbstlosigkeit empfänglicher Liebe und macht<br />

so das eigene Wesen zum Schauplatz, auf welchem Natur<br />

ihre verborgene Gesetzmäßigkeit offenbart 49 ); oder man geht<br />

mit der modernen naturwissenschaftlichen Vorstellungsart<br />

hinter das zurück, was die Sinne liefern, sucht also das Gegebene<br />

nicht in der Sinnenwelt, sondern jenseits dessen,<br />

was die Sinne wahrnehmen können, muß aber dann, damit<br />

dieses, was jenseits aller Sinneswahrnehmung liegt, ein<br />

wirklich Gegebenes und nicht bloß ein Hypothetisches sei,<br />

über das gewöhnliche Bewußtsein hinaus.<br />

Diese beiden Wege stehen uns offen. Der eine Weg führt<br />

in die Natur, in die Außenwelt; der andere Weg führt auf<br />

dem Umweg durch das eigene Innere hinter die sinnliche<br />

Welt, in ein übersinnliches Gebiet, welches der Natur<br />

zugrunde liegt. Letzteres ist aber dem gewöhnlichen Bewußtsein<br />

verschlossen. Keineswegs aber empfindet die Weltanschauung<br />

Goethes jene dem gewöhnlichen Bewußtsein verschlossene<br />

Welt als unzugänglich. Denn die Sinnenwelt ist ja<br />

ihre Offenbarung. Durch [42] die Sinnenwelt offenbart sich<br />

ja gerade diese verborgene Welt und die Frage, was das Verborgene<br />

abgesehen davon sei, daß es sich als Sinnenwelt offenbare,<br />

liegt Goethe völlig fern. Diese Frage aber stellt die<br />

moderne naturwissenschaftliche Vorstellungsart. Sie will<br />

wissen, was z. B. Rot abgesehen von dem sei, was im Bewußtsein<br />

als Roterlebnis sich darlebt.<br />

Goethe fragt danach einfach nicht. Die einzelne Wahrnehmung<br />

ist ja nicht mehr ein Allgemeines, sondern etwas<br />

völlig Besonderes. Ihre Besonderheit muß angeschaut werden.<br />

Dieses Besondere durch Gedanken, die ja immer allge-<br />

49 Vgl. Zusatz zur Neuauflage No. 3, S. 109.<br />

41

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