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Walter Johannes Steins

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denkend miterleben wollte (nicht um ein bloßes Abbild der<br />

Natur zu schaffen, sondern um über sie hinaus das Erlebte<br />

zu steigern und Natur zu volle n d e n ), so wie Goethe sich<br />

der Natur gegenüber also als einer stellte, der sie vollenden,<br />

nicht bloß nachdenken wollte, so müssen wir uns zu Goethe<br />

selbst stellen. Er wird noch für lange die Persönlichkeit sein,<br />

an deren Wirken derjenige anknüpfen muß, der ins Innere<br />

der Natur dringen will. Aber hat man das bis zu einem gewissen<br />

Grad getan, so kommt der Punkt, wo man über Goethe<br />

hinausschreiten muß.<br />

Rudolf Steiner hat 1897 in seinem Buch «Goethes Weltanschauung»<br />

diesen Punkt durch die Worte bezeichnet:<br />

«Goethe hat zwar die höchste Erkenntnisart ausgeübt; aber<br />

er hat diese Erkenntnisart nicht an sich beobachtet. Gesteht<br />

er doch selbst:<br />

«Wie hast du's denn so weit gebracht?<br />

Sie sagen du habest es gut vollbracht;<br />

Mein Kind! Ich hab' es klug gemacht:<br />

Ich habe nie über das Denken gedacht 105 ).»<br />

«Für die Betrachtung der innersten Menschennatur, für<br />

die Selbstbeschauung, fehlt Goethe das Organ. «Hiebei bekenne<br />

ich, daß mir von jeher die große und so bedeutend<br />

klingende Aufgabe: [94] erkenne dich selbst, immer<br />

verdächtig vorkam, als eine List geheim verbündeter Priester,<br />

die den Menschen durch unerreichbare Forderungen verwirren<br />

und von der Tätigkeit gegen die Außenwelt zu einer inneren<br />

falschen Beschaulichkeit verleiten wollten. Der Mensch<br />

kennt nur sich selbst, insofern er die Welt kennt, die er nur<br />

in sich und sich nur in ihr gewahr wird. Jeder neue Gegenstand<br />

wohl beschaut, schließt ein neues Organ in uns auf.»<br />

Davon ist gerade das Umgekehrte wahr; der Mensch kennt<br />

die Welt nur insofern er sich kennt. Denn in seinem Innern<br />

offenbart sich in ureigenster Gestalt, was in den Außendingen<br />

nur im Abglanz, im Beispiel, im Symbol als Anschauung<br />

vorhanden ist. Wovon der Mensch sonst nur als von einem<br />

105 R. Steiner, «Goethes Weltanschauung», Weimar 1897, S. 69 (neue Auf-<br />

lage 1918, S. 66).<br />

93

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