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Walter Johannes Steins

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aber reine Tätigkeit und nur diese ist das wahre Wesen des<br />

Ich, nicht seine Hüllen, die es nur vorübergehend länger<br />

oder kürzer an sich hat. Aber wir denken deshalb das Ich in<br />

seiner tiefsten Wesenheit nicht als unwandelbar und außerhalb<br />

jeder Entwickelung. Nur besteht diese Entwickelung<br />

des Ich in der Vervollkommnung seiner Tätigkeit, nicht aber<br />

in der Häufung eines Inhaltes.<br />

Das wahre Ich nicht bloß vorstellen, sondern in seiner<br />

Wirklichkeit erleben, hieße demnach miterleben, wie ein<br />

Werdendes, das weder vom Innern noch vom Äußern in seiner<br />

Qualität bestimmt sich zu mir selbst gestaltet; wie dies<br />

in immer neuer sich steigernder Art geschieht, hieße den<br />

Werdeprozeß der Welt in einem seiner Glieder miterleben.<br />

Das aber ist eben Goethes Vorstellung vom selbstbewußten<br />

Ich des Menschen: «Wenn die gesunde Natur des Menschen»,<br />

sagt er, «als ein Ganzes wirkt», also nicht bloß dasjenige,<br />

was das gewöhnliche Bewußtsein ausmacht, «wenn es<br />

sich in der Welt als in einem großen, schönen, würdigen<br />

Ganzen fühlt, wenn das harmonische Behagen», dessen<br />

Harmonie darin besteht, sich eins zu empfinden mit dem<br />

Strom des Weltgeschehens, «ihm ein reines, freies Entzücken<br />

gewährt, dann würde das Weltall, wenn es sich<br />

selbst empfinden könnte, als an sein Ziel gelangt,<br />

aufjauchzen und den Gipfel des eigenen<br />

Werdens und Wesens bewundern.»<br />

Durch eine solche Vorstellungsart ist man aber genötigt,<br />

das «Ich» nicht abgetrennt von dem Weltall – auch nicht<br />

nach Vergangenheit und Zukunft zu denken 62 ). Es setzt sich<br />

nur ein Prozeß fort, der schon da war in der Abgliederung<br />

dessen, was als «Ich» vorgestellt wird und der auch nicht<br />

aufhören kann, wenn das aufhört, was als «Ich» vorgestellt<br />

wird. Aber wir können dies nicht erleben. Verdeckt ist uns<br />

die Vergangenheit als Selbsterlebnis. Nicht einmal bis zu unserer<br />

physischen Geburt zurück können wir uns erinnern.<br />

Verdeckt ist uns [52] völlig die Zukunft. Wir können denkend<br />

62 Vgl. W. J. Stein, Rudolf Steiner als Philosoph und Theosoph», S.86,<br />

1921.<br />

51

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