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Walter Johannes Steins

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seiner unumstößlichen Voraussetzung, daß wir nur dann ein<br />

Objekt in der uns umgebenden Welt wahrnehmen können,<br />

wenn diese Wahrnehmung in unseren Organen vorgebildet<br />

ist. Nur weil das Auge vermöge seiner Natur aus sich selbst<br />

die Farbe erzeugen kann, erscheint uns die Welt als eine farbige<br />

... Goethe sucht daher zunächst festzustellen, inwieweit<br />

das Auge farbige Erscheinungen aus sich selbst hervorzurufen<br />

vermag. Erst auf Grund dieser Untersuchungen<br />

kann mit Erfolg an die Feststellung jener objektiven Vorgänge<br />

geschritten werden, welche die Farbenwahrnehmung im<br />

Auge bewirken. Man würde aber trotzdem Unrecht haben,<br />

wenn man wegen der entschiedenen Betonung der physiologischen<br />

oder subjektiven Farben bei Goethe ihm zumutete,<br />

daß er die o b j e k t i v e Natur der Farbenwahrnehmung geleugnet<br />

habe. Das ist ein Irrtum unserer, alle Wissenschaft<br />

in Materialismus auflösenden Zeit, daß sie als o b j e k t i v e<br />

nur mechanische (in räumlich-zeitlicher Form sich abspielende)<br />

Vorgänge gelten läßt. Es ist allerdings wahr, daß<br />

die Farbenempfindung uns nicht zum Bewußtsein<br />

käme, wenn die Natur unseres Sehorgans sie nicht aus sich<br />

selbst zu erschaffen vermöchte; das sagt aber nur, daß wir<br />

imstande sein müssen, die in dem objektiven Weltgetriebe<br />

begründeten Vorgänge n a c h z u s c h a f f e n , damit die W e l t<br />

a n s i c h eine Welt f ü r u n s werde. In jedem menschlichen<br />

Subjekte wird eben die o b j e k t i v e Welt eine s u b j e k t i v e .<br />

Das Wahrnehmen und Erkennen als ein subjektives Nachschaffen<br />

der objektiven Welt aufzufassen und diesen Grundgedanken<br />

allen wissenschaftlichen Fragen zugrunde zu legen,<br />

ist ein Fortschritt, der namentlich auf Kants philosophischen<br />

Arbeiten beruht.»<br />

Goethe richtet seinen Blick nicht nur auf das erkannte<br />

Objekt, sondern auch auf das erkennende Subjekt, er weiß,<br />

daß dieses Subjekt das, was es im Bewußtsein hat, ganz<br />

selbst erzeugt, und doch hält er das so subjektiv Nacherzeugte<br />

seinem innersten Wesen nach für objektiv. Darum<br />

sagt er:<br />

«Kenne ich mein Verhältnis zu mir selbst und zur Außenwelt,<br />

so heiß' ich's Wahrheit. Und so kann jeder seine<br />

eigene [57] Wahrheit haben und es ist doch immer dieselbi-<br />

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