Walter Johannes Steins
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le zum Spiegel, in dem geschaut werden kann, was geistig in<br />
der Außenwelt geschieht. Es gestaltet sich ihr das Bild der<br />
Natur als ein durchgeistigtes, so daß einerseits die selbstbewußte<br />
Menschenseele ihren Platz innerhalb des Naturbildes<br />
findet, anderseits die geistigen Tätigkeiten des Menschen,<br />
insbesondere seine Denktätigkeit sich nicht bloß als ein l o -<br />
g i s c h e s , d.h. denkbares, sondern als ein w i r k l i c h e s ,<br />
beobachtetes Naturgeschehen erweist. Der Mensch selbst<br />
aber erscheint dadurch als Mikrokosmos, welcher dem Makrokosmos<br />
so entspricht, daß diese Entsprechung nicht bloß<br />
in allgemeiner Weise behauptet, sondern empirisch, d. h. als<br />
Erlebnis, in allen Einzelheiten aufgezeigt werden kann. Jede<br />
einzelne Wahrheit dieser Weltanschauung muß aber individuell<br />
erarbeitet werden. Während nämlich die Naturwissenschaft<br />
ihre Behauptungen durch Experimente rechtfertigt,<br />
welche jeder zu jeder Zeit wiederholen kann, sobald er sich<br />
intellektuell und manuell dazu reif gemacht hat, erfordern<br />
die Erfahrungen, welche das empirische Materiale der Anthroposophie<br />
ausmachen, wenn sie überprüft werden sollen,<br />
ein Reifmachen des Beobachters nicht nur in intellektueller<br />
und manueller Beziehung, sondern es muß der Beobachter<br />
alle seine seelischen und geistigen Anlagen für die Überprüfung<br />
jeder einzelnen Wahrheit durch einen besonderen Akt<br />
in besonderer Richtung entwickeln. Hat man es durch innere<br />
Seelenarbeit dahin gebracht, das eine nachzuprüfen, so<br />
kann man darum das andere noch nicht [97] erproben. Für<br />
jedes Erkenntnisobjekt muß auf diesem Gebiete gewissermaßen<br />
eine besondere Sinnesfähigkeit ausgebildet werden,<br />
so wie man, wenn man das eine denken gelernt hat, etwa<br />
das Juristische, das andere, z. B. das Mathematische, noch<br />
nicht denken kann, sondern erst besonders lernen muß.<br />
Man hat es also nicht so bequem, wie das gesunde, wohl<br />
ausgebildete Auge, das a l l e Farben sieht, wenn es e i n e zu<br />
sehen gelernt hat. Das aber ist ja eben der Unterschied zwischen<br />
dem Erkennen durch ein Sinnesorgan und dem Erkennen<br />
durch das Auge des Geistes. Jede einzelne Erkenntnis<br />
fällt dem Erkennenden als Resultat eines Prozesses der<br />
Selbsterziehung zu und damit erweist sich die Erkenntnis,<br />
die hier gemeint ist, in ihrem Endresultat als vollendete Er-<br />
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