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Walter Johannes Steins

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Vom Genius der Sprache und was wir ihm danken.<br />

War in dem vorangehenden Kapitel gezeigt worden, wie<br />

es notwendig erscheint, das Allgemeine als das Primäre und<br />

das Besondere als das Sekundäre, von ihm Abgeleitete, zu<br />

betrachten, sollte die eine der beiden dort besprochenen<br />

Täuschungsquellen wirksam bekämpft werden, so ist es<br />

nützlich, jetzt zu zeigen, welchen Dienst der Sprachgenius<br />

dem Denker leistet.<br />

Es gibt Denker, welche das Allgemeine nur für einen zusammenfassenden<br />

Namen realer Einzelheiten halten. Wir<br />

wissen bereits aus einem früheren Kapitel, daß es Gebiete<br />

gibt, wo der Nominalismus nicht nur berechtigt, sondern<br />

einzig berechtigt ist. Wir sprechen aber an diesem Orte nicht<br />

von Denkern, welche den Nominalismus nur da vertreten, wo<br />

das Denkgebiet dies fordert, sondern wir wollen ein wenig<br />

uns mit dem Nominalismus schlechthin befassen, der zwar<br />

in seiner Sprache allgemeine Worte gebraucht, aber nicht<br />

anerkennt, daß diese etwas anderes meinen als eine praktische<br />

aber willkürliche Zusammenfassung der realen Einzelheiten<br />

104 ).<br />

[91] Wie entsteht eine solche nominalistische Denkweise?<br />

Sie entsteht durch ein Erlebnis, das der Denker mit dem<br />

Gedanken haben kann – mit Gedanken aller Art. Doch tritt<br />

das Erlebnis zumeist so an den Denker, daß er sich bewußt<br />

wird, wie er den mathematischen Gedanken so denkt, daß<br />

nichts in ihm darinnen ist, was er nicht selbst in ihn hineingedacht<br />

hat. Er weiß den mathematischen Gedanken als<br />

sein Geschöpf. Dieses Erlebnis stellte sich mit großer Schärfe<br />

in steigendem Maße ein, je mehr die naturwissenschaftliche<br />

Denkungsart Raum gewann. Aber zu diesem Erlebnis<br />

104 Auf nicht wissenschaftlich fundierte Auseinandersetzungen, die im Sinne<br />

eines Sprachnominalismus gehalten sind, wie z. B. Fritz Mauthners «Beiträge<br />

zu einer Kritik der Sprache» braucht wohl hier nicht eingegangen zu<br />

werden.<br />

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