Walter Johannes Steins
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starr. Beim Denkprozeß (als Grundlage des Selbstbewußtseins)<br />
stelle ich durch meine Organisation die halbe Wirklichkeit<br />
das, was erkannt werden soll, vor mich hin, die andere,<br />
der begriffliche Inhalt, lebt in mir. Der Erkenntnisprozeß<br />
besteht in der Vereinigung dieser beiden Wirklichkeitshälften.<br />
Aber hier, beim Denken über das D e n k e n , vollzieht<br />
man einen Akt im Objekte, nicht einen, der das Objekt<br />
nichts angeht, wie sonst v o r dem Erkennen. Sonst löscht<br />
man den Begriffsteil der Wirklichkeit aus – hier, wo man keine<br />
Wahrnehmungen hat, die übrig bleiben, wenn die Begriffe<br />
ausgelöscht sind, löscht man innerhalb der Begriffe einen<br />
Teil der Begriffe aus. Man vollzieht also einen Akt im O b -<br />
j e k t . Durch Aufhebung eines s u b j e k t i v vollzogenen Aktes<br />
erreicht man die objektive Wirklichkeit erkennend. Durch<br />
Aufhebung eines o b j e k t i v vollzogenen Aktes erreicht man<br />
aber nicht die objektive Wirklichkeit, sondern ist in ihr untergegangen,<br />
man steht in ihr – man kann von ihr aus das<br />
Subjektive anschauen!<br />
Dies eben erkennt der Nominalist nicht an. Er hält für<br />
unmöglich, daß der Mensch mit seinem Wesen in die lebendige<br />
Wirklichkeit untertauche. Der Nominalismus könnte<br />
allgemeine Begriffe überhaupt nicht als im menschlichen<br />
Erkenntnisprozeß gelegen anerkennen; ihm müßte es wie ein<br />
Wunder erscheinen, daß solche Begriffe vorhanden sind. Wer<br />
die Konstitution der menschlichen Sprache ins Auge faßt,<br />
wird ersehen, daß die [93] Sprache selbst es ist, welche verhindert,<br />
daß der Nominalismus praktische Denkweise werde<br />
und nur bei einer Theorie stehen bleibt, der eigentlich durch<br />
den schöpferischen Genius der Sprache fortwährend widersprochen<br />
wird.<br />
Von der Selbstwahrnehmung als Weg in das Innere<br />
der Natur.<br />
Nachdem wir in Goethes Weltanschauung so viel erkenntnistheoretisch<br />
Haltbares gefunden haben, befinden wir<br />
uns jetzt an dem Punkte, wo wir über Goethe hinaus müssen,<br />
wenn wir vorwärts kommen wollen. So wie Goethe sich<br />
der Natur gegenüber verhielt, indem er das Naturgeschehen<br />
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