Walter Johannes Steins
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ten griechischen Philosophie, daß Gleiches nur von Gleichem<br />
erkannt werde 52 ).»<br />
«Wär nicht das Auge sonnenhaft,<br />
Wie könnten wir das Licht erblicken?<br />
Lebt nicht in uns des Gottes eigne Kraft,<br />
Wie könnt uns Göttliches entzücken 53 )?»<br />
Um die Natur zu verstehen, müssen wir das Gebiet des<br />
Sinnlichen also nicht verlassen. Die moderne naturwissenschaftliche<br />
Vorstellungsart will, ihr selbst unbewußt, auch<br />
gar nicht die Natur verstehen, sondern sie sucht nach einem<br />
s o l c h e n Verständnis der Natur, das diese so malt, daß die<br />
selbstbewußte Menschenseele sich in dem Naturbild geborgen<br />
weiß. Nach dem eigentlichen, tieferen Wesen des<br />
menschlichen Innenwesens in seiner objektiven Realität,<br />
durch die es teil hat an der Realität der übrigen Natur, sucht<br />
die Naturwissenschaft, indem sie alles das ausschaltet, was<br />
aus dem Innenwesen des Menschen kommt, insofern dieses<br />
dem g e w ö h n l i c h e n Bewußtsein angehört. Anstatt nun<br />
aber den Blick auf sich selbst zu richten, blickt der Forscher<br />
auf das, was nun an der Stelle erscheint, an welcher erst die<br />
Sinnenwelt stand 54 ).<br />
Die moderne naturwissenschaftliche Vorstellungsart hat<br />
gezeigt oder ist auf dem Wege zu zeigen, daß das gewöhnliche,<br />
in der Sinnenwelt verlaufende Seelenleben vom Leibe<br />
abhängig ist, und hat damit erwiesen, daß dieses gewöhnliche<br />
Seelenleben denselben Realitätsgrad hat, wie die Sinnenwelt,<br />
an die es gebunden ist.<br />
[45] Die Beantwortung der Frage, was die Sinnenwelt ist,<br />
abgesehen von ihrem Erlebt-werden im gewöhnlichen Bewußtsein,<br />
verknüpft sich dadurch mit der Beantwortung einer<br />
zweiten Frage: Was die menschliche selbstbewußte Seele<br />
ist, abgesehen von dem, als was sie sich für das gewöhnliche<br />
Bewußtsein darstellt.<br />
52 Goethes Werke, Bd. XXXVI 2, S. 352.<br />
53 Goethes Werke, Bd. XXXV, S. 88.<br />
54 Vgl. Zusatz zur Neuauflage Nr. 4, S. 110.<br />
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