Humanizmus, religio, identitástudat - MEK - Országos Széchényi ...
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SZABOLCS OLÁH<br />
„HALTE DICH AN DAS VORBILD DER HEILSAM EN WORTE” (2TIM 1, 13) –<br />
DIE SP RACHE DER FRÖM M IGKEITSÜBUNG IN PRAXIS P IETATIS (1636) UND<br />
DOCE NOS ORARE (1650) VON PÁLMEDGYESI<br />
In der höchst populär gewordenen ungarischen Übersetzung der Frömmigkeitsschrift<br />
von Lewis Bayly (The Practice of Piety) und im Handbuch Doce<br />
nos orare quin et praedicare, das theoretische und praktische Anweisungen<br />
zur Konstruktion von Gebeten und Predigten im Sinne des Puritanismus<br />
darstellt, versucht Medgyesi gegen die angemaßte Christlichkeit der reformatorischen<br />
Orthodoxie seiner Zeit die wahre Aufgabe der Theologie anzupacken,<br />
die Sprache zu finden, die imstande ist, zum Glauben zu rufen und im<br />
Glauben zu bewahren. Der Aufsatz versucht die Bedeutung von Paulus’<br />
Rechtfertigungslehre und christliche Endzeitwartung für das Frömmigkeitsdenken<br />
des Puritanismus zu rekonstruieren. Die Frömmigkeitsschrift Praxis<br />
pietatis wird nach theologischen, anthropologischen, hermeneutischen und<br />
sprachtheoretischen Gesichtspunkten interpretiert. Wenn Medgyesi auf die<br />
Bibelnähe der Frömmigkeitssprache dringt, betont er nicht nur die pietistische<br />
Tradition des regelmäßigen Bibellesens, in der die religiöse Rede der<br />
Heiligen Schrift in der Erwartung gelesen wird, dass einem daraus ein Heilszeichen<br />
zuteil werde. Vielmehr geht es dem Puritaner Medgyesi um die wahre<br />
Sprache der Frömmigkeit, die der allgemeinen Forderung des Annehmens<br />
der christlichen Botschaft entspricht, was Luther in die Formel des »pro me«<br />
gefasst hat. Diese Sprache der Frömmigkeitsübung soll fähig sein, mit der<br />
christlichen Botschaft existenziellen Ernst zu machen und die wahre Kenntnis<br />
Gottes zu bezeugen, indem sie in der Nähe des offenbarten, in der Heiligen<br />
Schrift aufbewahrten Wortes Gottes bleibt. Diese Frömmigkeitssprache<br />
soll sich nach den Formen und Redeweisen der Gebete richten, die in der<br />
Bibel bewahrt und auf uns tradiert worden sind. Im gebetstheoretischen<br />
Handbuch Doce nos orare veranschaulicht Medgyesi die musterhafte rhetorische<br />
Form und den dogmatisch angenommenen theologischen Inhalt der Gebete<br />
in Tabellen, wo die einzelnen Rubriken und Verzweigungen rhetorische<br />
und dogmatische Kategorien anschaulich machen, nach denen sich die Konstruktion<br />
neuer Gebete richten soll. Mit diesem Aufschreibesystem stellt<br />
Medgyesi eine neue Möglichkeit der Wissensvermittlung dar, die zur Bewahrung<br />
des Wortes Gottes in der Belehrung und Frömmigkeitsübung hilft.<br />
Auch den Begriff „Puritanismus“ interpretiert Medgyesi als die Sprache der<br />
Frömmigkeitsübung, die gehorsam dem Wort Gottes folgt, wie es in der Heiligen<br />
Schrift tradiert worden ist.<br />
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