„Den Abszess zum Platzen bringen“ - Niklaus Meienberg
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4. Querschnitte. Textanalyse der historischen Arbeiten<br />
Mit dem dritten Teil der Untersuchung von <strong>Meienberg</strong>s historischen Arbeiten gelangt diese<br />
Arbeit an ihren Ausgangspunkt: der Geschichtsschreibung als Text. Zur Diskussion steht der<br />
Erzähler <strong>Niklaus</strong> <strong>Meienberg</strong>, dessen historiografische Kunstprodukte nun etwas ausführlicher<br />
betrachtet werden sollen. Der Fokus der Text- und Sprachanalyse gilt dabei stets dem Ensemble<br />
aller drei Texte. Ernst S., Bavaud und Wille und Wahn sollen nicht einzeln, sondern als<br />
spezifische Werkgruppe mit ihren gemeinsamen Kennzeichen, ihren Entwicklungen und ihren<br />
Differenzen angegangen werden. Diese Analyse ist im Wesentlichen eine literaturwissenschaftliche,<br />
wobei die Texte unter einem strukturalen Blickwinkel als gestaltete Ganzheit aufgefasst<br />
werden sollen: Form und Inhalt werden nicht als duale Gegensätze – etwa in Form eines<br />
‚aussen‘ und ‚innen‘ – betrachtet, sondern als untrennbare Einheit im Sinne einer logischen<br />
Organisation von Textelementen. 618 Den Abschluss dieses dritten Untersuchungsteils<br />
bildet eine Rekapitulation, in welcher die wichtigsten Resultate der ganzen Arbeit in aller<br />
Kürze zusammengefasst werden.<br />
4.1. Der Erzähler <strong>Meienberg</strong> – zur narrativen Transformation des<br />
historischen Materials<br />
4.1.1. Erzählanalyse<br />
Auf die Einführung eines umfassenden erzählanalytischen Instrumentariums soll hier verzichtet<br />
werden. Die verwendeten Termini und Konzepte werden im fortlaufenden Text definiert.<br />
4.1.1.1. Makrostrukturen<br />
Die Erzählstruktur 619 von <strong>Meienberg</strong>s erster historischer Arbeit, Ernst S., lässt sich am besten<br />
erörtern, wenn man sie mit den beiden vorgängigen Landesverräter-Artikeln vergleicht, die er<br />
im Sommer 1973 im „Tages-Anzeiger-Magazin“ (TAM) publizierte. 620 Man könnte sie als<br />
Fingerübung für seine erste grosse historische Arbeit bezeichnen. Im ersten Artikel beschreibt<br />
<strong>Meienberg</strong> den Fall eines Aargauers, der 1942 zusammen mit einem Anstifter als Landesverräter<br />
exekutiert wurde. Der Text ist in sechs Teile gegliedert. In jedem Teil wird dabei eine<br />
neue Perspektive auf den Fall entworfen: Nach der ‚Geschichte‘ des Aargauers, die, von ein<br />
paar kleineren Verschiebungen abgesehen, chronologisch erzählt wird, wird die Sichtweise<br />
eines zuständigen Militärrichters, eines ehemaligen Ständerates und Mitglieds der Begnadi-<br />
618 Ich beziehe mich dabei auf den semiotisch-strukturalen Ansatz von Andreotti. (Andreotti, Mario 2000:<br />
„Die Struktur der modernen Literatur. Neue Wege der Textanalyse. Einführung. Erzählprosa und Lyrik“,<br />
Bern etc., 19-21.)<br />
619 Der Begriff der Erzählstruktur bezeichnet das System der Relationen zwischen bestimmten Textelementen.<br />
(Andreotti 2000: 21.) Die Kapitelüberschrift „Makrostrukturen“ bezieht sich auf die Komposition, den<br />
Ereignisverlauf und die in ihn eingefügten Figuren des ganzen Textes.<br />
620 <strong>Meienberg</strong>, <strong>Niklaus</strong>: „Tod durch Erschiessen. 1942-1944“, [Teil 1+2], Tages-Anzeiger-Magazin, 11.8.<br />
und 18.8.1973.<br />
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