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„Den Abszess zum Platzen bringen“ - Niklaus Meienberg

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Markierte idiomatische Ausdrücke und Wendungen in syntaktisch dem Schweizerdeutschen<br />

angeglichenen Sätzen:<br />

„[...] S. habe dem Schmid bewusst einen ‚Seich‘ aufgeschrieben.“ (E, 83)<br />

„[...] Der habe ihn an der Gurgel gepackt, worauf er dem designierten Gauleiter eins an ‚Jahrgänger‘<br />

gewichst habe, dass er der Länge nach hinschlug.“ (E, 103)<br />

Mischung von Schweizerdeutsch und Standarddeutsch im direkten Zitat:<br />

„Als ich Otto S. diese Stelle aus Pfisters Gutachten vorlas, sagte er: ‚Was soll der Klimbim? Hat der Dr.<br />

Pfister vielleicht nie gedökterlet, als er noch klein war?‘“ (E, 30)<br />

„Darauf habe Kahns Nachbar ihm ins Ohr gesagt: ‚Schlag dem Siech den Kolben über den Grind, dass<br />

sein Hirn zu den Ohren herausspritzt.‘“ (E, 91)<br />

Ganzes direktes Zitat in Schweizerdeutsch:<br />

„‘Dä isch scho lang verfuulet‘, sagt Frau Lüthy.“ (E, 56)<br />

Das vollständige direkte Zitate in Schweizerdeutsch ist nur ein einziges Mal zu beobachten; es<br />

erscheint verhältnismässig plump im Vergleich <strong>zum</strong> nuancenreichen Spiel mit Helvetismen,<br />

das <strong>Meienberg</strong> in diesem Werk vorführt. Entscheidend ist nun, dass sämtliche dieser idiomatischen<br />

Variationen auschliesslich bei Figuren eingesetzt werden, die der gesellschaftlichen Unterschicht<br />

angehören. Genauso verhält es sich in Bavaud. Auch hier behält <strong>Meienberg</strong> seine<br />

schweizerdeutsch-standarddeutsche Kunstsprache den ‚einfachen‘ Leuten vor:<br />

„Die Lehrlinge waren noch strenger gehalten als die übrigen Angestellten, erinnert sich der pensionierte<br />

Arbeiter B., es sei kein Schleck gewesen. Am besten verhielt man sich ruhig, wie überall in der Lehre,<br />

und parierte, [...].“ (B, 89)<br />

„Aber Papa war unerschütterlich. Der Staat konnte ihn verseckeln, soviel er wollte, Papa hat nie an ihm<br />

gezweifelt.“ (B, 94)<br />

Dass der Gebrauch idiomatischer Ausdrücke bei <strong>Meienberg</strong> einem wohl durchdachten System<br />

folgt, ist in Bavaud besonders gut feststellbar, denn hier stammen seine Protagonisten nicht,<br />

wie in den anderen Werken, ausschliesslich aus der Deutschschweiz, sondern auch aus der<br />

Romandie, aus Bayern, West- und Ostberlin. Konsequenterweise versucht er nun auch bei ihnen,<br />

eine adäquate Darstellung dieser Figuren über die partielle Assimilation ihrer ursprünglichen<br />

Sprechweise zu erreichen:<br />

Idiomatische Ausdrücke des Französischen:<br />

„Il s’est pas amusé, sagt sein Bruder Adrian.“ (B, 90)<br />

„Der Vater war wirklich sehr strikt in allen Dingen, rauchte nicht, trank nicht, ging nie ins Wirtshaus,<br />

n’allait pas aux filles.“ (B, 92)<br />

„Er hat sich informieren wollen, voilà tout.“ (B, 97)<br />

Idiomatische Ausdrücke des Bayrischen:<br />

„Der Zwischenfall habe keine Weiterungen gehabt, weil man sie als deppert angeschaut habe, so was<br />

mache ein normaler Mensch nicht.“ (B, 18)<br />

Idiomatische Ausdrücke – nicht ohne humoristischen Einschlag – der „Berliner Schnauze“:<br />

„Sehnse jonger Mann, dort mössen se sech anmölden!“ (B, 37)<br />

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