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„Den Abszess zum Platzen bringen“ - Niklaus Meienberg

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3. Begriffe. Annäherungen an <strong>Meienberg</strong>s Denken<br />

In diesem zweiten Teil der Arbeit wird der Versuch unternommen, Zugänge zu <strong>Meienberg</strong>s<br />

Denken zu schaffen. Dazu gehört – als eine Art Fundament – die Skizzierung der Grundzüge<br />

seines intellektuellen Selbstverständnisses, welches sein Schreiben und Handeln in allen Feldern<br />

seiner Tätigkeit – d.h. im Journalismus, in der Geschichtsschreibung und in der Literatur<br />

– motivierte und steuerte (Kap. 3.1.). Die beiden folgenden Kapitel sind der Analyse von spezifischen<br />

Gebieten seines Denkens gewidmet: Einerseits den Paradigmen und Methoden, die<br />

seine Recherchen und ‚Forschungen‘ als Historiker und Journalist leiteten (3.2.), andererseits<br />

zentralen darstellerischen Konzepten, die sein Schreiben und seine Prosa determinierten<br />

(3.3.). Ziel dieser analytischen Annäherung an <strong>Meienberg</strong>s Denken ist es, eine konzeptuelle<br />

und begriffliche Grundlage für eine vertiefte Auseinandersetzung mit seinen historischen Arbeiten<br />

– sie folgt im dritten Teil der Arbeit – bereitzustellen.<br />

Basis der Annäherungen an <strong>Meienberg</strong>s Denken ist die systematische Lektüre derjenigen Stellen<br />

in Büchern, Zeitungsartikeln und Interviews, in welchen <strong>Meienberg</strong> Aussagen über das<br />

eigene oder ein fremdes Werk macht, die auf Allgemeingültigkeit zielen. Sehr oft geschah<br />

dies nicht. Wenn man danach sucht, ergibt sich trotzdem ein beachtliches Korpus an Statements.<br />

Längere, zusammenhängende Aussagen über das eigene Schaffen bleiben jedoch selten.<br />

Als besonders aussagekräftig erweist sich seine Kritik an fremden Positionen – sie machte<br />

einen Grossteil seiner intellektuellen Arbeit aus und verrät viel über sein ‚professionelles‘<br />

Selbstverständnis als Intellektueller wie über die Struktur seines Denkens.<br />

Der in der Einleitung entwickelte konzeptuelle Leitbegriffs des ‚Intellektuellen‘ erfüllt im<br />

Rahmen dieser Untersuchung eine doppelte Funktion: Erstens kann mit ihm der grundlegenden<br />

gesellschaftspolitischen Stossrichtung von <strong>Meienberg</strong>s Werk Rechnung getragen werden,<br />

die eine einseitige Fokussierung auf das Ästhetische als inadäquat erscheinen lässt. Zweitens<br />

ermöglicht er es, die historischen Arbeiten jenseits starrer Gattungsgrenzen zwischen Geschichtsschreibung,<br />

Literatur und Journalismus zu diskutieren, da die intellektuelle Praxis als<br />

grundsätzlich grenzüberschreitend definiert wird.<br />

In der Einleitung wurde die Hypothese postuliert, dass <strong>Meienberg</strong> den Bruch mit einem politik-<br />

und wirkungsorientierten intellektuellen Selbstverständnis, anders viele andere Autoren<br />

und Autorinnen, erst zu Beginn der 90er Jahren – gewissermassen mit ‚20-jähriger Verspätung‘<br />

– vollzogen hat. Dies bedeutet zugleich, dass er während seiner gesamten massgeblichen<br />

Schaffenszeit als Prosa-Autor in den 70er und 80er Jahren im Wesentlichen an einem<br />

homogenen Set von literarischen, poetologischen, epistemologischen und methodischen Begriffen<br />

und Konzepten festgehalten hat – das ist die erste Prämisse, auf welcher dieser zweite<br />

Teil der Arbeit basiert. Sie erlaubt es, <strong>Meienberg</strong>s Positionen als einheitliches, geschlossenes<br />

System zu analysieren, mit einer Ausnahme: <strong>Meienberg</strong>s Einschätzung über die Rolle der<br />

‚Fiktion‘ bzw. der ‚Erfindung‘ (Kap. 3.3.3.3) veränderte sich im Laufe der 80er Jahre markant,<br />

weshalb eine diachrone Perspektive dort unerlässlich ist. Die erstaunliche Konstanz eines<br />

Denkens und Arbeitens über 20 Jahre hinweg schliesst jedoch kleinere Verschiebungen<br />

und temporär schwankende Akzentsetzungen nicht aus. In den frühen Texten dominiert bei-<br />

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