05.10.2013 Aufrufe

eine zentrale Frage der Wissensvermittlung (pdf)

eine zentrale Frage der Wissensvermittlung (pdf)

eine zentrale Frage der Wissensvermittlung (pdf)

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Was ist Literarität?<br />

Vermittlung zur Weitergabe von Wissen und untersucht ihre nachhaltige Wirkung auf die<br />

menschlichen Sinne und die Wahrnehmung. Sein beson<strong>der</strong>es Augenmerk gilt <strong>der</strong> Unter -<br />

suchung <strong>der</strong> medialen Formierung durch weitgehend bildhafte und mündliche Kulturtechnologien<br />

wie Fernsehen und Radio und <strong>der</strong> <strong>Frage</strong>, ob und wie weit die nach Gutenbergs<br />

Erfindung dominante schriftliche Kultur durch diese neue Entwicklung zurückgedrängt wird.<br />

Im Zentrum s<strong>eine</strong>r Untersuchungen, in denen er den Charakter <strong>der</strong> medialen Formierung<br />

und die durch sie hervorgerufenen Wahrnehmungsverän<strong>der</strong>ungen zu verstehen versucht,<br />

steht die Beschäftigung mit <strong>der</strong> ersten Kulturtechnologie, <strong>der</strong> Schriftlichkeit.<br />

Auch McLuhans KollegInnen von <strong>der</strong> Toronto School interessieren sich historisch und philo -<br />

lo gisch für die Herausbildung neuer Denkweisen. Sie stellen Untersuchungen zur Entwicklung<br />

„von <strong>der</strong> homerischen zur platonischen Betrachtungsweise“ an – stützen können sie sich<br />

bei <strong>der</strong> <strong>Frage</strong> nach <strong>der</strong> medialen Durchsetzung von schriftlichen Darstellungsformen am Übergang<br />

von <strong>eine</strong>r weitgehend oralen zu <strong>eine</strong>r dominant schriftlichen Kultur auf die gut dokumen -<br />

tierte schriftliche Auseinan<strong>der</strong>setzung in <strong>der</strong> griechischen Antike. Wie<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e AutorInnen<br />

beschäftigen sich mit <strong>der</strong> <strong>Frage</strong> des „kulturellen Gedächtnisses“: Sie untersuchen, wie sich<br />

fest verankerte Denkannahmen, etwa ein objektivierbarer Wahrheitsbegriff, herausbilden, zu<br />

Grundlagen des gesellschaftlichen Denkens und medial wirksam werden. Dazu begeben sie<br />

sich auf die Spurensuche nach den Quelltexten des kulturellen Gedächtnisses, den Grund -<br />

lagentexten <strong>der</strong> großen Schriftkulturen, und analysieren an ihnen die Geschichte mentaler<br />

Auffassungsweisen an den sich herausbildenden Kommunikationskanälen <strong>der</strong> Weiter gabe und<br />

den sich differenzierenden Formen des Religiösen, Philosophischen, Literarischen und Wissen -<br />

schaftlichen. Genau diese sind es, die nachhaltig als kulturelles Gedächtnis wirken und<br />

mentale Grundstrukturen, Kommunikationsmuster und mediale Ausdrucksregister bilden.<br />

Die zweite Phase ist – im Unterschied zu <strong>der</strong> ersten Phase, die sich <strong>der</strong> Untersuchung des<br />

Schriftlichen als dominierende Technologie und als Medium <strong>der</strong> gesellschaftlichen Kommunikation<br />

widmete – bestimmt von dem Thema, wie Mündlichkeit als dominierende Technologie<br />

und Medium <strong>der</strong> Verständigung gesellschaftlich funktioniert und wissenschaftlich<br />

beschrieben werden kann. Ins Zentrum rücken Gesellschaften, die historisch k<strong>eine</strong> Schrift<br />

ausgebildet haben und/o<strong>der</strong> Gesellschaften und Gruppen, für die auch heute im gesellschaftlichen<br />

Leben Schriftlichkeit <strong>eine</strong> untergeordnete Rolle spielt. Diese Phase ist stark vom kultur -<br />

anthropologischen und ethnografischen Forschungsinteresse geprägt. Das Studium konzentriert<br />

sich vorerst ausschließlich darauf, orale Stammeskulturen und die mentalen und<br />

sozialen Ausprägungen <strong>der</strong> Vermittlungsweise schriftloser Sprachkulturen zu erfassen.<br />

Zwar gelingt es nun durch <strong>eine</strong> Reihe von Feldforschungen, das Verständnis von <strong>der</strong> inneren<br />

Funktionsweiser oraler Kommunikation zu vertiefen und die Vielfalt <strong>der</strong> Symbolisierungstechniken<br />

im Akustischen wie Visuellen und auch <strong>der</strong>en Bewahrung durch Aufzeichnung<br />

zu dokumentieren. Aber genau diese Bildhaftigkeit und die gleichrangige Zusammenschau<br />

von Wahrnehmungen wird von einigen ForscherInnen simplifizierend als rückständig und<br />

funktionell „ungenügend“ gegenüber literaten Ausdrucksweisen (her)abgesetzt, als „magisches<br />

und wildes Denken“ vom angeblich dynamischen, rationalen, zivilisierten streng getrennt,<br />

als zwei unterschiedliche Denkweisen mystifiziert und einan<strong>der</strong> gegenübergestellt. Daraus<br />

wird die generelle Überlegenheit von Literarität als klar abgrenzbares und essentielles<br />

Instrument <strong>der</strong> Denkentwicklung abgeleitet: Nur die lesend und schreibend kommunizierende<br />

Menschheit gilt als dem Fortschritt zugewandt!<br />

11

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!