05.10.2013 Aufrufe

eine zentrale Frage der Wissensvermittlung (pdf)

eine zentrale Frage der Wissensvermittlung (pdf)

eine zentrale Frage der Wissensvermittlung (pdf)

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Literaritäten im Kontext 75<br />

unseres Ablebens und Überlebens aufgrund unserer biologischen Grundausstattung, des<br />

Ortes, an dem wir leben und s<strong>eine</strong>r Versorgungsstruktur sowie unserer sozialen „Marker“<br />

stellt sich uns – und für einschlägige Anbieter auch als Argument, uns als KonsumentInnen<br />

zu gewinnen – in Zahlen dar. Die Realität wird zunehmend über Zahlen und in Zahlenverhält -<br />

nissen präsentiert und in ihren Entsprechungen als Kurven, Diagramme und Schaubil<strong>der</strong><br />

visualisiert. Man erinnere sich nur an den Wettlauf <strong>der</strong> digitalen Dienste und an die sie<br />

begleitenden technologischen Lebensnavigationshelfer zur Strukturierung von Organisations -<br />

abläufen im Alltag – <strong>eine</strong> allgegenwärtige Werbelawine ständig wechseln<strong>der</strong> Tarifangebote.<br />

Mathematik als Brücke<br />

In <strong>eine</strong>m vor Jahren in <strong>der</strong> Frankfurter Allgem<strong>eine</strong>n Zeitung erschienenen, provokanten Feuilleton,<br />

sein Titel lautete „Zugbrücke außer Betrieb“, sprach Hans Magnus Enzensberger ein<br />

kulturelles Paradoxon an: Noch nie zuvor sei <strong>eine</strong> Zivilisation bis in den Alltag hinein so<br />

durchgehend von mathematischen Methoden geprägt und von ihnen abhängig gewesen –<br />

und habe gleichzeitig so <strong>eine</strong>n „time lag“ im Bewusstsein, erkenne also nicht die Bedeutung<br />

dieser Verän<strong>der</strong>ung für den Lebensalltag und die Kultur als solche. Um eben diese<br />

Verän<strong>der</strong>ung, um dieses Kulturverständnis von Mathematik und die Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />

mit dem oben genannten Paradoxon geht es bei Numeracy.<br />

Die Anerkennung <strong>der</strong> Brückenfunktion des Mathematischen für das Leben in <strong>der</strong> heutigen<br />

Welt ist auch Ausgangspunkt <strong>der</strong> bekanntlich medial hohe Wellen schlagenden Ergebnisse<br />

<strong>der</strong> regelmäßig durchgeführten PISA-Untersuchungen zu mathematischen Kompetenzen und<br />

mathematischer Literarität. Bei aller gebotenen Kritik daran, ob und wieweit die konkrete<br />

Durchführung und Auswertung dieser Testungen <strong>der</strong> kulturellen und gesellschaftlichen Dimension<br />

des Problems gerecht zu werden vermögen, sind diese Untersuchungen unleugbar ein<br />

wichtiger Spiegel für das Ausmaß und den allgem<strong>eine</strong>n Charakter <strong>der</strong> Problemstellung. Sie<br />

bestätigen, dass es <strong>eine</strong>n wie immer interpretierten gesellschaftlichen „Handlungsbedarf“ gibt.<br />

Ohne an dieser Stelle im Detail auf nationale und internationale Ergebnisse einzugehen,<br />

lassen sie alle ohne Ausnahme den Schluss zu, dass Schwierigkeiten mit mathematischer<br />

Literarität in so gut wie allen Län<strong>der</strong>n weit verbreitet sind. Sie zeigen sich durchgehend bei<br />

allen getesteten Gruppen – bei Volksschulkin<strong>der</strong>n, bei PflichtschulabsolventInnen, bei Jugendlichen<br />

mit Collegereife und bei Erwachsenen. Wenn auch mit großen Unterschieden, sind<br />

sie international ein Problem <strong>der</strong> Mitte und k<strong>eine</strong>swegs nur ein Problem von Randgruppen.<br />

Um im Bild Enzensbergers zu bleiben, geht es angesichts <strong>eine</strong>r geän<strong>der</strong>ten Beschaffenheit<br />

<strong>der</strong> Ufer, angesichts <strong>eine</strong>r Realität, die sich in <strong>eine</strong>r Fülle und als Mischung verbaler, symbolischer<br />

und grafischer Form präsentiert, darum, ein neues Verständnis für die Kultur des<br />

Überbrückens und damit des Brückenbaus zu entwickeln. Der Beginn des 21. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

konfrontiert uns alle mit <strong>eine</strong>r ganz neuen Konstellation. Auch von „gewöhnlichen BürgerInnen“<br />

wird erwartet, dass sie mathematisch literat sind.<br />

Was wird unter Numeracy verstanden?<br />

Mit dieser neuen Konstellation und dem Versuch zu beschreiben, was es heißt, mathematisch<br />

literat zu sein, wie man es wird und möglichst auch bleibt, beschäftigt sich das Bildungsund<br />

Forschungsfeld Numeracy.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!