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eine zentrale Frage der Wissensvermittlung (pdf)

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Literaritätspraxis hierzulande – <strong>eine</strong> (sehr) kl<strong>eine</strong> Auswahl<br />

Regionalisierungsideologie in <strong>eine</strong> zweite faschistische Welt führt. Weil regionale Identitäten<br />

ja noch exkludieren<strong>der</strong> sind. Man sieht an<strong>der</strong>erseits, dass auf EU-Ebene doch etwas<br />

passiert: EU-Kommissionspräsident Barroso hat 2008, im Jahr des interkulturellen Dialogs,<br />

<strong>eine</strong> Expertengruppe damit beauftragt, darüber zu schreiben, was Mehrsprachigkeit für<br />

Europa bedeutet.<br />

Pluralität als nation building, das ist etwas, was bestimmte Intellektuellengruppen zum Beispiel<br />

in Südafrika immer wie<strong>der</strong> versuchen. Das bedeutet, sich zu verabschieden von honour<br />

und pride (Ehre und Stolz; d. Aut.) und sich stattdessen zu entscheiden für dignity und<br />

esteem (Würde und Achtung; d. Aut.). Dieses demokratische Element des gleichberechtigten<br />

Nebeneinan<strong>der</strong>s mit dem wechselseitigen Akzeptieren und mit den Wahlmöglichkeiten für<br />

die Individuen ist von entscheiden<strong>der</strong> Bedeutung. Das habe ich durch m<strong>eine</strong> Arbeit gelernt.<br />

Die Roma können also nur überleben, wenn sie ihre Diversität anerkennen und sich mit<br />

ihrer Diversität und Pluralität integrieren. Aber das heißt auch, dass man ihnen <strong>eine</strong><br />

Integrationsbasis bieten muss. Ich finde, dass jede Gruppe, die ihren Individuen k<strong>eine</strong><br />

Wahlmöglichkeit bietet, aus diesem Pluralitätsansatz ausgeschlossen gehört – da wären<br />

dann alle totalitären Ideologien ausgeschlossen.<br />

Wenn wir jetzt auf die Schriftlichkeit zurückkommen, heißt das, dass man je<strong>der</strong> Sprache<br />

<strong>eine</strong> Schriftlichkeit geben muss, wenn das ihre Sprecher wollen. Und die Möglichkeit <strong>der</strong><br />

Schriftlichkeit geben heißt auch, die UNESCO-Empfehlung von 1956 umzusetzen: Jedes Kind<br />

hat das Recht, mit s<strong>eine</strong>r Sozialisationssprache alphabetisiert zu werden. Die kognitiven<br />

Fähigkeiten <strong>eine</strong>s Kindes weckt man nur dann, wenn man es in s<strong>eine</strong>r eigenen Sprache<br />

alphabetisiert, weil man es dann auch leichter in <strong>eine</strong>r an<strong>der</strong>en Sprache alphabetisiert.<br />

Wie gehen die Burgenland-Roma mit dieser Erkenntnis um, wie wird ihren Kin<strong>der</strong>n<br />

die Schrift nahe gebracht?<br />

D. H.: Die Volkshochschule <strong>der</strong> Burgenland-Roma hat versucht, diese Schriftlichkeit zu unterrichten,<br />

auch für Erwachsene. Der Sprachunterricht ist relativ schwierig. Erstens leben die<br />

Kin<strong>der</strong> sehr verstreut, und zweitens werden sie immer weniger – auch bei den Roma sinken<br />

die Geburtenzahlen. Mein weibliches Gegenstück in <strong>der</strong> österreichischen Romani-Arbeit ist<br />

Christiane Fennesz-Juhasz, Musik-Ethnologin vom Phonogramm-Archiv. Eines Tages erzählte<br />

sie mir: „Du, ins Völkerkundemuseum gehen die Kin<strong>der</strong> heute auch nicht mehr. Da hat sich<br />

ein junger Ethnologe <strong>eine</strong>n Bus genommen, hat einiges eingepackt und ist vor die Schulen<br />

gefahren.“ So kamen wir auf die Idee vom ROMBUS. Wenn schon die Roma nicht zu ihrer<br />

Kultur kommen, kommt die Kultur zu ihnen. Das ist <strong>eine</strong> fahrende Bibliothek, mit Büchern,<br />

Zeitschriften und <strong>eine</strong>r CD- und DVD-Sammlung mit Roma-Musik. Es gibt dort auch die<br />

neuesten Informationen und Hilfe bei Behördenwegen. Und <strong>eine</strong> Kin<strong>der</strong>zeitschrift, Mri nevi<br />

Mini Multi (Mein kl<strong>eine</strong>s Mini Multi; d. Aut.), die an die Kin<strong>der</strong> verteilt wird – das ist das<br />

einzige einsprachige Produkt.<br />

Der Bus verkehrt zwischen Wien und <strong>der</strong> slowenischen Grenze, also im ganzen Burgenland<br />

bis Wien und auch nach Nie<strong>der</strong>österreich und bis in die Steiermark hinein. Dort gibt es<br />

auch informelle Sprachkurse. Eine dieser Aktionen ist auch das gemeinsame Kochen, über<br />

das wir schon berichtet haben. Finanziert wird <strong>der</strong> Bus von <strong>der</strong> Volksgruppenför<strong>der</strong>ung und<br />

vom Roma-Fonds. Er ist ein Modell dafür geworden, wie man Kulturarbeit in <strong>eine</strong>r weitge-<br />

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