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eine zentrale Frage der Wissensvermittlung (pdf)

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4 Literaritätspraxis hierzulande –<br />

<strong>eine</strong> (sehr) kl<strong>eine</strong> Auswahl<br />

Literaritätspraxis hierzulande – <strong>eine</strong> (sehr) kl<strong>eine</strong> Auswahl<br />

Nach so vielen theoretischen Darlegungen, orientiert vor allem an internationalen Debatten<br />

und Praktiken, sollen hier einige heimische Aktivitäten dargestellt werden, die beispielhaft<br />

zeigen, dass es auch hierzulande <strong>eine</strong> ernsthafte Auseinan<strong>der</strong>setzung mit dem Thema Litera -<br />

rität gibt. Und – mindestens genauso wichtig –, dass diese Auseinan<strong>der</strong>setzung im Rahmen<br />

realen Handelns erfolgt und Projekte hervorbringt, die k<strong>eine</strong>n internationalen Vergleich zu<br />

scheuen brauchen. 27<br />

4.1 Zur Rekonstruktion <strong>eine</strong>r Sprache durch die Schrift –<br />

das Burgenland-Romani-Projekt<br />

Selten sind wissenschaftliche Projekte – insbeson<strong>der</strong>e solche, die Linguistik und Literarität<br />

betreffen – über den akademischen Kernbereich hinaus so viel beachtet und hoch gelobt<br />

worden wie das Romani-Projekt, das im Herbst 1993 an <strong>der</strong> Universität Graz startete. Ursprünglich<br />

als regionales Projekt zur Kodifizierung <strong>der</strong> Sprache <strong>der</strong> Burgenland-Roma geplant,<br />

beschäftigt es sich mittlerweile nicht nur mit den vielfältigen Romani-Varianten in Europa,<br />

son<strong>der</strong>n auch mit <strong>der</strong> soziokulturellen und soziopolitischen Situation dieser Min<strong>der</strong>heit im<br />

europäischen Kontext. „Dem Sprachtod entgegenwirken“, war <strong>der</strong> Ausgangspunkt des Projekts,<br />

er entsprang dem Wunsch <strong>eine</strong>r Min<strong>der</strong>heit, in und durch ihre Sprache weiterzuleben,<br />

geachtet und verstanden zu werden. Hin<strong>der</strong>nisse gab es genügend, vor allem musste das<br />

extreme Misstrauen minimiert werden, das die Roma nach ihren Erfahrungen im Holocaust<br />

jeglicher Form von statistisch-demografischer Erhebung entgegen brachten. Gelungen ist<br />

dies – zumindest teilweise – dadurch, dass die SprecherInnen des Roman nicht in erster<br />

Linie als Forschungsobjekte, son<strong>der</strong>n als ExpertInnen ihrer eigenen Sprache angesehen und<br />

anerkannt wurden.<br />

Erfolgreich war das Projekt <strong>der</strong> Kodifizierung auf mehreren Ebenen:<br />

• auf <strong>der</strong> wissenschaftlichen, weil es dazu beitrug, dass sich das universitäre Desinteresse<br />

an <strong>der</strong> Problematik in die Anerkennung <strong>eine</strong>s angesehenen, akademisch etablierten Forschungszweigs<br />

verwandelte,<br />

• auf <strong>der</strong> kulturellen, weil es durch die praktische Umsetzung und Implementierung <strong>der</strong><br />

Forschungsergebnisse den Kultur- und Identitätserhalt und damit die Stärkung des Selbstbewusstseins<br />

<strong>der</strong> Roma als europäische „Nation“ unterstützte,<br />

• auf <strong>der</strong> politischen, weil die Einbeziehung <strong>der</strong> Roma in den Forschungsprozess für sie<br />

selbst kommunikativ und mobilisierend wirkte und damit die Entstehung neuer Institutionen<br />

und Netzwerke <strong>der</strong> Roma in den verschiedenen Län<strong>der</strong>n för<strong>der</strong>te.<br />

27 Bei den Interviewpassagen in Kapitel 4 handelt es sich um verschriftlichte gesprochene Sprache, <strong>der</strong>en Melodie und Sprachgebrauch<br />

sowie Ausdrucksweise des/<strong>der</strong> jeweiligen Sprechers/Sprecherin, soweit möglich, auf Wunsch <strong>der</strong> Autorinnen erhalten bleiben soll.<br />

Aus diesem Grund finden sich in diesem Kapitel gelegentlich nicht geschlechtsneutrale Formulierungen.<br />

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