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eine zentrale Frage der Wissensvermittlung (pdf)

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Literaritäten im Kontext<br />

warum sie nicht weiter nach gesundheitlichen Informationen suchten. Das zeigt, dass man<br />

sich davor hüten sollte, diese Menschen vorschnell als „desinteressierte“ PatientInnen o<strong>der</strong><br />

mangelhaft Literate zu kategorisieren.<br />

Ein beson<strong>der</strong>es Thema, vor allem für KursteilnehmerInnen von ESOL, war die mündliche<br />

Kommunikation mit dem Personal im Gesundheitswesen. Schwierig waren für sie beson<strong>der</strong>s<br />

das verwendete Vokabular, die lokale Sprachfärbung und zu wenig genaue Erklärungen aufgrund<br />

von Zeitdruck. Die TeilnehmerInnen <strong>der</strong> Literaritätskurse bemängelten, dass die<br />

Ärzte/Ärztinnen Spezialbegriffe nicht besser erklärten o<strong>der</strong> hauptsächlich <strong>eine</strong> medizinische<br />

Fachsprache verwendeten. Probleme hatte diese Gruppe auch mit dem Lesen und Schreiben<br />

bei Informationsmaterial, Formularen, Briefen, Beipackzetteln und Spitalszuweisungen. Die<br />

ESOL-StudentInnen mussten sich zusätzlich mit <strong>der</strong> Funktionsweise des englischen Gesundheitssystems<br />

vertraut machen.<br />

Die Strategien zur Bewältigung dieser Schwierigkeiten reichten vom Aufschreiben zur Vorbereitung<br />

<strong>eine</strong>s Arztgespräches über das Mitnehmen von Wörterbüchern, dem Nutzen bereits<br />

früher erworbenen Wissens und Erfahrungen mit <strong>der</strong> Krankheit beim Lesen von Texten,<br />

dem Nachschauen in medizinischen Büchern bis zur Recherche im Internet. Die am häufig -<br />

sten praktizierte Strategie, um mit dem Lesen und Verstehen von Texten zurechtzukommen,<br />

bestand darin, sich an Menschen zu wenden, die das besser können, die eventuell auch von<br />

bestimmten Krankheiten mehr wissen und sich im Gesundheitssystem besser auskennen.<br />

Diese Rolle des/<strong>der</strong> „Vermittlers/Vermittlerin“ ist also sehr wichtig. Freunde/Freundinnen,<br />

Familie, öffentliche Ansprechpartner o<strong>der</strong> Gesundheitspersonal können diese Rolle übernehmen.<br />

Gesundheitsliterarität bedeutet demnach auch das Teilen von Wissen und Verstehen.<br />

Sowohl die im Verlauf <strong>der</strong> Studie befragten LehrerInnen als auch die StudentInnen fanden,<br />

dass die von ihnen besuchten Kurse <strong>eine</strong> gute Gelegenheit sind, zu lernen, wie man sich<br />

im Gesundheitssystem zurechtfindet, die Einrichtungen nutzt und gesundheitsbezogene Informationen<br />

besser versteht. Ein von allen interviewten LehrerInnen angesprochenes Problem<br />

waren die gesundheitlichen Einschränkungen ihrer StudentInnen. Unter Stress, Depression<br />

und Angst litten vor allem jene, die um Asyl angesucht hatten und <strong>der</strong>en Lage unsicher<br />

war. Manche von ihnen hatten auch mit körperlichen Verletzungen zu kämpfen, die ihnen<br />

in den Fluchtlän<strong>der</strong>n zugefügt worden waren. Aber auch an<strong>der</strong>e Gruppen hatten gesundheitsbezogene<br />

Probleme: altersbedingte Krankheiten bei Älteren, chronische Krankheiten<br />

wie Diabetes, Herzprobleme, Rückenschmerzen behin<strong>der</strong>ten die Teilnahme o<strong>der</strong> die Aufnahme -<br />

fähigkeit. Jüngere blieben weg, wenn sie ihre kranken Kin<strong>der</strong> betreuen mussten.<br />

In den Literaritätskursen erwies sich Gesundheit selten als Thema, sehr wohl aber in den<br />

Sprachlern-Kursen. Als Lehrmaterial nutzten die SprachlehrerInnen authentische Materialien<br />

wie Beipackzettel, Dosierungsanleitungen o<strong>der</strong> Zeitungsmeldungen. Nur <strong>eine</strong>r <strong>der</strong><br />

LiteraritätslehrerInnen machte Gesundheit ausführlich und ausdrücklich zum Thema. Einige<br />

fanden, dass das Thema eher von <strong>der</strong> eigentlichen Aufgabe, nämlich besser lesen und<br />

korrekt schreiben zu lernen, ablenke. An<strong>der</strong>e erklärten, dass sie über das Thema selbst zu<br />

wenig wissen. Als Hin<strong>der</strong>nis für die breitere Thematisierung von Gesundheit wurde auch<br />

ihr intimer und persönlicher Charakter genannt. Darüber hinaus machten es Unterschiede<br />

des Geschlechts, des Alters und <strong>der</strong> ethnischen Zugehörigkeit in den heterogen zusammengesetzten<br />

Klassen bisweilen schwer, Anliegen und Erfahrungen dieser Art anzusprechen.

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