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eine zentrale Frage der Wissensvermittlung (pdf)

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1 Was ist Literarität?<br />

Was ist Literarität?<br />

K<strong>eine</strong>r lässt sich gern ein X für ein U vormachen. Und damit sind wir auch schon beim<br />

Thema. Was fällt Ihnen auf, wenn Sie diesen ersten Satz lesen? Zunächst wohl, dass es<br />

ein kurzer Satz ist, mit <strong>eine</strong>m Konsonanten, <strong>der</strong> – ausgesprochen – mit <strong>eine</strong>m i zu „iks“<br />

verschmilzt, und mit <strong>eine</strong>m <strong>der</strong> fünf Vokale. Vielleicht runzeln Sie nun als LeserIn die<br />

Stirn und fragen sich, wohin dieser Anfang führen soll. Zuerst zu <strong>der</strong> Geschichte dieser<br />

Redewendung. Das römische Zeichen für die Zahl 5 – V – ließ sich leicht, durch das Hinzufügen<br />

von zwei Strichen, in die Zahl 10 – X – verwandeln und war damit höchst betrugsanfällig.<br />

Und was hat in diesem Zusammenhang das U zu bedeuten? Da bedarf es nur wenig<br />

Vorstellungskraft für jemanden, <strong>der</strong>/die noch häufig mit <strong>der</strong> Hand schreibt und Handschriftliches<br />

entziffert, um zu wissen, wie leicht sich, schriftlich, <strong>der</strong> Unterschied von v und u<br />

verschleift. So – o<strong>der</strong> auch an<strong>der</strong>s – könnte die oben zitierte Redewendung entstanden sein.<br />

Ein einfacher Satz, <strong>der</strong> <strong>eine</strong> Menge an Hintergrundwissen voraussetzt, dessen Bedeutung<br />

aber meist auch ohne dieses Wissen verstanden wird. Diese Geschichte verweist auf die<br />

Geschichte des Zahlen-Schreibens, auch auf <strong>eine</strong> bestimmte Art zu texten, nämlich <strong>eine</strong>r<br />

Mitteilung <strong>eine</strong> und vielleicht auch <strong>eine</strong> ein wenig an<strong>der</strong>e Bedeutung zu geben. Wie etwa<br />

das viel gepriesene XXL in <strong>eine</strong>m allseits bekannten Werbeslogan, <strong>der</strong> sich auf <strong>eine</strong> beson<strong>der</strong>s<br />

große Kleidungsgröße, extra-extra-large, bezieht und mehr zu <strong>eine</strong>m besseren Preis<br />

verspricht.<br />

Das Lesen und Verfassen von Texten basiert auf <strong>eine</strong>m Untergrund und verweist auf <strong>eine</strong>n<br />

Hintergrund, <strong>der</strong> außerhalb <strong>der</strong> Zeichen liegt, ihnen spezifische Bedeutungen zuschreibt.<br />

Aber wie liest man Bedeutungen so, dass sie <strong>eine</strong>m nichts vormachen? Fällt das Auge <strong>der</strong><br />

in die jeweilige Bedeutungsgebung Eingeweihten zum Beispiel auf BMI = 29, auf 10 7 o<strong>der</strong><br />

auf 0,001 kg, werden sie wohl nicht einmal mit <strong>der</strong> Wimper zucken, um sofort entnehmen<br />

zu können: dieser Body-Mass-Index steht für ziemlich hohes Übergewicht, 10 hoch 7 ergibt<br />

10 Millionen und 0,001 kg sind ein Gramm. Nichteingeweihte werden vermutlich, wenn sie<br />

„mo<strong>der</strong>ne“ Menschen sind, das Internet befragen. Was sie dort finden und ob sie es finden,<br />

hängt davon ab, welche Art Suchbegriff sie eingeben, ob als genaue Wie<strong>der</strong>gabe <strong>der</strong> Zeichen<br />

auf <strong>der</strong> Tastatur o<strong>der</strong> als <strong>Frage</strong>, und wenn ja als welche. Es geht also um aufschreiben,<br />

umschreiben, darum, was aus <strong>der</strong> Menge <strong>der</strong> schriftlichen Meldungen ausgewählt, also ausgelesen<br />

wird, und wie und was aus den Erklärungen und Zeichenformen <strong>der</strong> Umwandlung<br />

herausgelesen werden kann.<br />

Die <strong>Frage</strong>stellung, die Nichteingeweihte eingeben, wird davon abhängen, auf welche Erfahrungen,<br />

Kenntnisse und Interessen sie zurückgreifen können. Haben sie sich mit <strong>der</strong> Sache<br />

bereits einschlägig beschäftigt, können sie etwas wie<strong>der</strong>erkennen. Und was sagt ihnen die<br />

Information? In welcher Beziehung steht sie zu an<strong>der</strong>en ihnen bekannten Informationen,<br />

wie und wofür wollen sie sie gebrauchen? Wichtig für die Lösung <strong>der</strong> Aufgabe ist also auch,<br />

wie sich Gedanken, Bil<strong>der</strong>, Erwartungen und Empfindungen in Geschriebenes verwandeln,<br />

Gestalt annehmen, und was die Lesenden in <strong>eine</strong>r konkreten Situation daraus entnehmen<br />

können. Ob es etwas anspricht, das Gewicht hat, etwas bereits Bekanntes aufgreift, das die<br />

Lesenden beschäftigt. Ob es sie anregt weiterzufragen, zu antworten, zu kommentieren, von<br />

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