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eine zentrale Frage der Wissensvermittlung (pdf)

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Literaritätspraxis hierzulande – <strong>eine</strong> (sehr) kl<strong>eine</strong> Auswahl 93<br />

Insofern ist das vermutlich ein Abbild <strong>der</strong> realen Lebens- bzw. Sprechverhältnisse<br />

dieser Volksgruppe. Wie groß ist sie eigentlich genau, das sind ja viele Millionen?<br />

D. H.: Man geht von <strong>der</strong>zeit 12 Millionen in <strong>der</strong> EU aus, davon 6 bis 8 Millionen Sprecher.<br />

Sie sind, nach dem Beitritt von Bulgarien und Rumänien, zahlenmäßig die größte Min<strong>der</strong>heit<br />

in <strong>der</strong> EU – und die am meisten stigmatisierte. Dabei sind sie eigentlich die einzigen<br />

echten Europäer, weil man sie in jedem Land findet. Die Zusammenarbeit war nicht immer<br />

einfach. Wenn man es mit diesen marginalisierten Gruppen zu tun hat, dann wird man als<br />

Mitglied <strong>der</strong> Mehrheitsbevölkerung mit vier Graden ihrer Einstellung konfrontiert. Da gibt es<br />

diejenigen aus <strong>der</strong> Mehrheitsbevölkerung, die ihnen egal sind, das sind die meisten. Dann<br />

diejenigen, die sie hassen, das sind nicht gerade wenige, und diejenigen, die sie brauchen,<br />

das sind auch ein paar. Und diejenigen, die sie mögen, obwohl sie sie brauchen – das ist das<br />

Höchste, was man erreichen kann. Das habe ich bei einigen erreicht, weiter geht es nicht.<br />

Welche Rolle spielt Ihre Arbeit im Leben <strong>der</strong> Volksgruppenangehörigen?<br />

D. H.: Die Bücher, die auf Romani produziert werden, werden nicht von ihnen gekauft. Sie<br />

wollen sie haben, sie finden, sie stehen ihnen zu, weil das ihre Sprache ist, ihre Texte sind,<br />

es gehört also ihnen. Ich habe damit auch kein Problem. Mein Auftrag, den ich von <strong>der</strong><br />

Österreichischen Volksgruppenför<strong>der</strong>ung habe, ist, mich um das Romani zu kümmern und<br />

bestimmte Produkte unter die Leute zu bringen.<br />

B. S.: Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite bekommen wir immer wie<strong>der</strong> Zuschriften zu unserem Online-<br />

Wörterbuch ROMLEX. Der Großteil <strong>der</strong> Leute, die uns schreiben, sind Nicht-Roma. Das empfinden<br />

wir durchaus als Erfolg, dass mehr Leute als noch vor 20 Jahren in Österreich sich<br />

dafür interessieren, gerade auch für die Schriftlichkeit. Es ist doch erfreulich, wenn jemand<br />

das Wörterbuch verwendet, z.B. beim Lesen des zweisprachigen Märchenbuches, um auch<br />

die nicht-deutsche Version ein bisschen zu verstehen.<br />

Heißt das, dass das Projekt für die Burgenland-Roma selbst wenig bewirkt hat?<br />

D. H.: Nein, das kann man nicht sagen, es sind Ver<strong>eine</strong> und allein im Burgenland zwei<br />

zweisprachige Zeitschriften entstanden, nämlich ROMANI PATRIN und D/ROM/A. Und es<br />

gibt z.B. in Oberwart den Verein Roma-Service, <strong>der</strong> sich um die Anliegen <strong>der</strong> Burgenland-<br />

Roma kümmert. Er besteht aus drei jungen Roma und drei m<strong>eine</strong>r ehemaligen Erstgeneration-Mitarbeiter.<br />

Sie haben den Unterricht aufgebaut und betreiben diese Schriftlichkeit<br />

weiter. Vor sechs Jahren habe ich das Projekt „losgelassen“ – wenn es nicht so gewesen<br />

wäre, dass in diesen Aktivitäten immer mehr von den Roma selbst übernommen wird, hätte<br />

die Sache ja k<strong>eine</strong>n Sinn. Wenn die Amme lebenslänglich wird, ist es besser, sie stillt die<br />

Kin<strong>der</strong> ab und lässt sie sterben.<br />

Was die Sprache selbst betrifft, sieht es ein bisschen an<strong>der</strong>s aus. Obwohl das Burgenland-<br />

Romani-Projekt international als <strong>eine</strong>s <strong>der</strong> Beispiele gefeiert wird, bei dem es um rewording<br />

language geht, sehe ich das nicht so. Es ist so etwas passiert wie ein letztes Aufflackern.<br />

In den Ver<strong>eine</strong>n, auf organisatorischer Ebene und in <strong>der</strong> Öffentlichkeit wird jetzt Romani<br />

verwendet, mit ihren Kin<strong>der</strong>n zuhause sprechen die Burgenland-Roma aber deutsch. Es hat<br />

also formale Funktionen bekommen, symbolische, emblematische Funktionen, aber die kommunikativen<br />

Funktionen haben sich nicht wirklich verän<strong>der</strong>t.

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