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eine zentrale Frage der Wissensvermittlung (pdf)

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82 Literaritäten im Kontext<br />

Quantitative Reasoning<br />

Der Psychologe Neil Lutzky untersuchte, wie und ob StudentInnen <strong>eine</strong>r amerikanischen<br />

Kunstuniversität, des Carlton College, in ihren schriftlichen Arbeiten quantitative Informationen<br />

aus Recherchematerialien verwendeten. In <strong>eine</strong>m Drittel <strong>der</strong> Arbeiten wurden quantitative<br />

Informationen selbst dann nicht mit einbezogen, wenn sie ein <strong>zentrale</strong>s Thema <strong>der</strong><br />

Analyse betrafen. In neun von zehn Arbeiten wurde auf dieses Zahlenmaterial selbst dann<br />

verzichtet, wenn es dazu beigetragen hätte, weniger wichtige Aspekte <strong>der</strong> eigenen Argumentation<br />

zu erhärten. Und bei <strong>eine</strong>r Detailuntersuchung zur Auswertung quantitativer<br />

Informationen von Recherchematerialien aus Texten, in Tabellen und Diagrammen zeigten<br />

sich bei den StudentInnen selbst bei <strong>Frage</strong>stellungen aus ihrem unmittelbaren Umfeld<br />

große Unsicherheiten darüber, wie diese Aussagen Zusammenhänge beschreiben, wie sie<br />

zu lesen sind und sich sprachlich fassen lassen. Lutzky schloss daraus, dass es wichtig<br />

wäre, Quantitative Reasoning als Teil von Schreiben in allen Fächern zu lehren: als ein<br />

wichtiges Element <strong>der</strong> Diskussion und Begründung, als <strong>eine</strong> Darstellungsform von Aussagen<br />

und <strong>der</strong> Beschreibung von Phänomenen sowie für die Untermauerung von Thesen. Dieser<br />

Gewinn an Sprache und Literarität durch die Ausformulierung von quantitativen Aussagen<br />

bringe, so s<strong>eine</strong> Ansicht, Vorteile für die Anliegen unterschiedlicher Disziplinen.<br />

Milo Schield, ein Physiker, Mathematiker und Statistiker, <strong>der</strong> an <strong>eine</strong>r amerikanischen Kunstuniversität,<br />

dem Augsburg College in Minneapolis, Quantitative Reasoning und Statistical<br />

Literacy unterrichtet, leitete ein Projekt, das sich zum Ziel gesetzt hatte, <strong>eine</strong>n interdisziplinären<br />

Lehrpan für Statistical Literacy für Kunstuniversitäten zu entwickeln. Den Bericht<br />

über s<strong>eine</strong> Arbeit publizierte er 2004. In ihm definiert er Statistical Literacy als „kritisches<br />

Denken über Argumente, die Statistiken als Beweise einsetzen“. Im Zentrum stehen für ihn<br />

nicht Zahlen, son<strong>der</strong>n die Worte, die den Zahlen ihren Rahmen geben. Der Fokus liegt beim<br />

Lesen, beim Interpretieren und Kommunizieren, bei <strong>der</strong> Aussagenanalyse sprachlicher und<br />

textlicher Darstellung.<br />

In s<strong>eine</strong>n Statistical Literacy Seminaren behandelte Schield mit s<strong>eine</strong>n StudentInnen die<br />

Grund lagen induktiven Denkens. Im Zentrum standen die Rekonstruktion <strong>der</strong> Argumentations -<br />

basis und die Überprüfung <strong>der</strong> Gültigkeit je<strong>der</strong> Art von Verallgem<strong>eine</strong>rung. Die StudentInnen<br />

sollten so lernen, immer zuerst zu fragen, für welche konkreten Zusammenhänge und mit<br />

Hilfe welcher Beobachtungsdaten das statistische Zahlenmaterial erstellt wird und Aussagekraft<br />

hat. Damit sollte die Unterscheidungsfähigkeit geschärft werden für den Unterschied<br />

zwischen belegbaren Verallgem<strong>eine</strong>rungen in Zahlenbeziehungen bei klar definierten Bedingungen<br />

und <strong>der</strong> Verallgem<strong>eine</strong>rung von Zahlenbelegen für haltlose und fragwürdige Interpretationen.<br />

Anhand sprachlicher Grammatik zeigte er den StudentInnen die Unterschiede<br />

zwischen aneinan<strong>der</strong> gereihten Verbindungen von Aussagen und ursächlichen Verknüpfung<br />

von Aussagen, um ihnen klar zu machen, dass kl<strong>eine</strong> Än<strong>der</strong>ungen im Satzbau große Bedeutungsunterschiede<br />

bewirken können. Er nahm Verhältniszahlen zum Anlass, um sie über<br />

den Unterschied von Aussagen wie „bei Selbstmorden gibt es eher Witwen als Witwer“ und<br />

„Witwen begehen eher Selbstmord als Witwer“ nachdenken zu lassen. O<strong>der</strong> er ließ sie Prozent -<br />

zahlen und Prozentsätze in Tabellen und Diagrammen miteinan<strong>der</strong> vergleichen. Ein wichtiges<br />

Thema war auch die – sprachliche – Mehrdeutigkeit von statistischen Aussagen, etwa bei<br />

<strong>eine</strong>m so diffusen Begriff wie Autosterberate. Die StudentInnen sollten sich die <strong>Frage</strong> stellen,<br />

was diese Mehrdeutigkeiten eigentlich aussagten, ob damit vielleicht die Sterberate per<br />

Auto, per FahrerIn o<strong>der</strong> gar per Automeile gemeint sein konnte.

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